Dr. Frank Mastiaux, Vorstandsvorsitzender der EnBW, fordert einen schnelleren und unbürokratischeren Ausbau der erneuerbaren Energien. Er stellt aber in einem Interview auch klar: Eine Hundertprozentige Versorgung aus erneuerbaren Energien ist nicht möglich.
Die EnBW (Energie Baden-Württemberg) AG mit Sitz in Karlsruhe, gegründet 1997, ist einer der größten Energieversorger in Deutschland. Vorstandsvorsitzender des Konzerns ist seit 2012 der Chemiker Dr. Frank Mastiaux (geb. 1964). Mastiaux möchte den Vorsitz des Energiekonzerns im September 2022 abgeben. Er blickt nun auf die vergangenen Jahre zurück, in denen er den Umbau des Energieversorgers vorangetrieben hat. In früheren Jahren verkaufte die EnBW bevorzugt Atomstrom, heute ist die Firma führend im Angebot von Strom aus erneuerbaren Energien. Mastiaux fordert von der neuen Regierung eine schnellere Energiewende. Dies hat ja die Versorgung mit erneuerbarer Energie zu einer ihrer Prioritäten erklärt.
Die EnBW ist laut Mastiaux auf einem guten Weg. Die Firma wächst und will sich weiter auf erneuerbare Energien stützen, den Netzausbau und die E-Mobilität vorantreiben. Der Manager hofft, dass nicht nur die neue Bundesregierung, sondern auch die EU weiterhin erneuerbare Energien unterstützen wird. Er begrüßt, dass der neue Koalitionsvertrag das Versprechen enthält, für schnellere Genehmigungen bei Windkraft-und Solaranlagen zu sorgen. Es kann nach der Überzeugung von Frank Mastiaux aber trotzdem immer wieder Verzögerungen bei der Verwirklichung von Energie-Projekten geben. Er verweist dabei darauf, dass manchmal Gerichtsprozesse dazu geführt werden müssen, weil Bürger, gegen eine Windparkanlage in ihrer Nähe klagen.
EnBW Chef bezweifelt Machbarkeit einer hundertprozentigen Versorgung mit erneuerbarer Energie
Mastiaux stellt auch klar, dass die Erwartungen an erneuerbare Energien nicht allzu hoch sein sollten. Er hält eine hundertprozentige Versorgung Deutschlands mit Strom aus erneuerbaren Energien nicht für möglich. Probleme bereiten – gerade bei Strom aus Wind- und Sonnenenergie – schon allein die Wetterverhältnisse. Zu wenig Wind ist zu jeder Jahreszeit möglich. Dazu scheint im Winter die Sonne oft viel zu kurz, um für genügend Strom aus Sonnenenergie zu sorgen. Es braucht also – auf längere Sicht – durchaus noch konventionelle Stromversorgung Flin Zeiten der Flauten bei Wind und Sonne. In den nächsten Jahren müssen unbedingt weiterhin Gaskraftwerke zur Verfügung stehen, um die Versorgung im Winter und bei Windstille zu sichern.
Klagen von Bürgern halten schnellen Ausbau auf
Ein Problem im Bereich der erneuerbaren Energien ist immer wieder die mangelnde Akzeptanz bei Anwohnern von neuen oder geplanten Anlagen. Ein Beispiel: Klärschlammverwertungsanlagen. Bürger, die in der Nähe eines Areals leben, wo eine solche Anlage errichtet werden soll, fürchten Beeinträchtigungen ihrer Lebensqualität und damit auch des Wertes ihrer Grundstücke und Häuser, beispielsweise durch Geruchsbelästigung und zunehmenden LKW-Verkehr (der Klärschlamm muss ja angeliefert werden!). Mastiaux empfiehlt, dass Energieversorger und Gemeinden, die solche Anlagen planen, früh mit den Betroffenen ins Gespräch kommen. Auf alle Fälle soll aber die Politik weiter an der Energiewende festhalten. Dabei kommt den Energieversorgern die Aufgabe zu, sich feste Ziele zu setzen. Ein solches könne z.B. ein Datum sein, zu dem ein Windpark oder eine Solaranlage betriebsbereit sein muss. Auch der Mitbestimmung der Bürger sollten – so meint der Manager – zeitliche Grenzen gesetzt werden.
Zukünftige Energiepreise nicht seriös vorassagbar
Zu den steigenden Energiepreisen meint Mastiaux, dass im Jahr 2021 verschiedene Faktoren zu einer Preiserhöhung geführt haben. Der Lockdown von 2020 spielt dabei eine große Rolle. 2021 sei die Nachfrage unerwartet stark gestiegen, nachdem sie ja im Lockdown gesunken war. Aber die Energieversorger könnten die gestiegene Nachfrage nach wie vor befriedigen. Zur Preisentwicklung der kommenden Jahre äußert er sich nicht. Seiner Meinung nach lässt sich weder ein zukünftiger Energiebedarf noch die Preisentwicklung für Energie seriös voraussagen.
Mit der kritischen Äußerung zu hundertprozentiger Stromversorgung über erneuerbare Energien betätigt der EnBW Chef früher Aussagen sowohl des RWE-Chefs Markus Krebber, als auch des Eon Managers Leonhard Birnbaum.
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