Die Schließung des Standorts des Autozulieferers Hella in Nellingen sorgt für erhebliche Diskussionen. Die Gemeinde erfuhr von den Plänen durch eine Immobilienanzeige – ein Vorgehen, das auf deutliche Kritik stößt (merkur: 24.01.25).
Schließungswelle in der Automobilbranche
In der Automobilbranche sind Standortschließungen aktuell keine Seltenheit. Hohe Kosten und sinkende Auslastung veranlassen viele Unternehmen zu drastischen Maßnahmen. ZF Friedrichshafen hat sein Werk in Gelsenkirchen zum Jahresende 2024 geschlossen, und auch der Standort Eitorf steht bis spätestens 2027 vor dem Aus. Bosch zieht ähnliche Schritte in Betracht. Nun reiht sich auch Hella, der Beleuchtungsspezialist aus Nordrhein-Westfalen, in diese Reihe ein.
Die Schließung des Standorts in Nellingen wurde jedoch nicht durch eine offizielle Mitteilung, sondern durch das Inserieren der Immobilie auf einem Portal bekannt. Diese Vorgehensweise wird von der betroffenen Gemeinde stark kritisiert.
Kritische Reaktionen auf die Vorgehensweise
Der Nellinger Bürgermeister Christoph Jung zeigte sich äußerst verärgert. „Das ist mehr als schlechter Stil, es ärgert mich maßlos“, erklärte er gegenüber der Schwäbischen Zeitung. Bereits vor zwei Jahren hatte Hella überlegt, den Standort auszubauen, da etwa die Hälfte der Fläche unbebaut war. Nun jedoch ist die Schließung beschlossene Sache. Laut der Immobilienanzeige soll die Gewerbeimmobilie ab dem 1. April verfügbar sein. Die Information traf die Gemeinde unvorbereitet, insbesondere da bisher mit einem Ausbau des Standorts gerechnet wurde.
Entschuldigung des Unternehmens
Hella hat die Kritik an seinem Vorgehen eingeräumt. Ein Sprecher betonte, dass das Vorgehen nicht dem eigenen Anspruch entspreche. „Hierfür bitten wir um Entschuldigung“, heißt es in einer Stellungnahme. Stefan van Dalen, Mitglied des Vorstands, hat sich persönlich beim Bürgermeister entschuldigt und eine intensive Klärung der Schließungsgründe angekündigt. Trotz der Entschuldigung bleibt der Verlust von rund 25 Arbeitsplätzen ein herber Schlag für die kleine Gemeinde nahe Ulm.
Hintergrund und wirtschaftliche Faktoren
Hella übernahm vor rund 40 Jahren ein Elektrofachgeschäft in Nellingen und betreibt seither ein Werk an diesem Standort. Seit 2021 gehört Hella mehrheitlich zum französischen Forvia-Konzern. Der Standort in Nellingen ist der kleinste des Unternehmens in Deutschland. Die Krise in der Automobilindustrie hat die gesamte Branche unter Druck gesetzt. Hella, bekannt für die Produktion von Lichtsystemen, hat bereits im vergangenen Jahr seine Umsatzprognosen nach unten korrigiert und eine Gewinnwarnung ausgegeben.
Interne Abstimmungen und Information der Belegschaft
Obwohl die Gemeinde erst durch die Immobilienanzeige von der Schließung erfuhr, liefen interne Gespräche schon seit November. Bereits am 18. Dezember wurde die Belegschaft über die Pläne informiert, unter dem Vorbehalt einer Einigung mit dem Betriebsrat. Diese wurde am 17. Januar erzielt, und die Mitarbeiter wurden am 22. Januar erneut informiert. Für die betroffenen Beschäftigten bedeutet die Schließung nicht nur den Verlust des Arbeitsplatzes, sondern auch einen Einschnitt in das wirtschaftliche Leben der Region.
Hella reiht sich damit in eine Liste namhafter Unternehmen ein, die in den letzten Jahren Standorte schließen mussten. Die zunehmenden Herausforderungen in der Automobilindustrie verlangen klare Strategien – doch gerade die Art der Kommunikation bleibt entscheidend für das Vertrauen aller Beteiligten.
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