Heizgesetz: Die große Täuschung von Union und SPD

Im Wahlkampf kündigte die Union an, das Heizgesetz von Robert Habeck abzuschaffen. Ein Blick in den Koalitionsvertrag zeigt jedoch: Diese Ankündigung entpuppt sich als Täuschung. Statt einer klaren Kehrtwende folgt die neue Regierung weiter dem Pfad der Ampel – nur mit neuen Formulierungen und scheinbaren Korrekturen (focus: 10.04.25).


Täuschung durch Begriffsverwirrung

Ein „Heizungsgesetz“ existiert juristisch nicht. Gemeint ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das 2020 unter der Großen Koalition beschlossen wurde. Dieses Gesetz basiert auf EU-Vorgaben und lässt sich deshalb nicht einfach aufheben. Dennoch kündigt der Vertrag zunächst die Abschaffung an – um dann im selben Satz ein technologieoffenes, flexibleres und einfacheres GEG in Aussicht zu stellen.

Die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien beim Heizen war nur eine Novelle innerhalb des GEG. Schon nach öffentlicher Kritik wurde Technologieoffenheit darin verankert. Eigentümer konnten selbst entscheiden, wie sie die Anforderungen erfüllen.

Reaktionen zwischen Empörung und Gelassenheit

Umweltorganisationen bewerten den Kurs der neuen Koalition als Rückschritt. Die Deutsche Umwelthilfe spricht von einem „Worst Case in Sachen Wärmewende“. Fridays for Future äußert den Unmut in Großbuchstaben: „WIR SIND SAUER.“ Der Vorwurf: Union und SPD treiben eine Rolle rückwärts und täuschen echte Reformen nur vor.

Täuschung statt Abschaffung: Der Koalitionsvertrag von Union und SPD verspricht ein Ende des Heizgesetzes, bleibt aber beim Kurs der Ampel
Täuschung statt Abschaffung: Der Koalitionsvertrag von Union und SPD verspricht ein Ende des Heizgesetzes, bleibt aber beim Kurs der Ampel

In der Heizungsbranche reagiert man hingegen ruhig. Der Bundesverband Wärmepumpe erkennt im Koalitionsvertrag die Fortsetzung wichtiger Anforderungen beim Heizungstausch. In einer Mitteilung heißt es: „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der neuen Koalition.“

Kontinuität statt Kurswechsel

Vieles deutet darauf hin, dass Union und SPD am Kurs der Ampel-Regierung festhalten. Ob Deutschlandticket, Klimaschutzverträge oder Waldschutz – zentrale Projekte bleiben erhalten. An anderen Stellen fehlt die klare Haltung. Begriffe wie „prüfen“ oder „weiterentwickeln“ dominieren. Abschaffungen bleiben die Ausnahme.

Wichtige Streitpunkte bleiben unerwähnt. Ein Wiedereinstieg in die Atomkraft taucht nicht auf. Auch das Verbrenner-Aus ab 2035 oder ein Tempolimit sucht man vergebens. Die Klimapolitik bleibt damit trotz neuer Koalition auffällig konstant.

Neue Maßnahmen mit alten Mustern

Einige eigene Akzente setzen Union und SPD dennoch. Elektroautos sollen wieder stärker gefördert werden, insbesondere für einkommensschwächere Haushalte. Die frühere Regierung hatte diese Förderung Ende 2023 gestrichen und damit Unsicherheit in der Branche ausgelöst.

Auch die Mobilitätsstrategie zeigt Brüche: Die Pendlerpauschale steigt, Benzin- und Dieselpendler profitieren. Parallel dazu sinkt die Luftverkehrssteuer – was das Fliegen, die klimaschädlichste Reiseform, verbilligt. Das Klimageld hingegen, ein zentrales Versprechen der Ampel, verschwindet. Statt einer Rückerstattung der CO₂-Einnahmen fließt das Geld nun in Strompreis-Subventionen und große Klimaprojekte.


CCS und neue Energiepfade

Im Bereich der Energieversorgung deutet sich ein Strategiewechsel an. Neue Gaskraftwerke mit bis zu 20 Gigawatt sollen Versorgungssicherheit garantieren. Anders als Habeck plant die neue Koalition weniger technische Vorgaben. Der Zwang zur Wasserstoff-Umrüstung entfällt. Dafür kommt CO₂-Abscheidung ins Spiel.

CCS und CCU – die Speicherung und Nutzung von CO₂ – gelten jetzt als Schlüsseltechnologien. Der Koalitionsvertrag bezeichnet sie als „unerlässliche Instrumente für das Ziel der Klimaneutralität“. Habeck wollte ähnliche Maßnahmen durchsetzen, scheiterte aber intern.

Klimaziele mit Hintertür und Täuschungspotenzial

Auf dem Papier steht das Bekenntnis zum EU-Klimaziel: 90 Prozent weniger Emissionen bis 2040. Doch eine entscheidende Klausel schwächt dieses Ziel. Auf Betreiben der Union dürfen Emissionseinsparungen auch im Ausland stattfinden. Schützt ein anderes Land seine Wälder, kann Deutschland sich das anrechnen lassen.

Offiziell sind solche Ausgleichsmaßnahmen auf drei Prozent begrenzt. Sie müssen zudem „hochqualifiziert und glaubwürdig“ sein. Doch genau hier liegt erneut Täuschungspotenzial. Denn ob diese Klausel jemals genutzt wird, bleibt offen – und könnte sich später als bequemer Ausweg aus den eigenen Klimazielen entpuppen.

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Zuletzt aktualisiert am Januar 14, 2025 um 21:39 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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