Die Vision einer grünen Wasserstoffwirtschaft verliert rapide an Boden. Grüner Wasserstoff galt lange als Schlüsseltechnologie der Energiewende. Unternehmen steigen aus, ambitionierte Projekte scheitern, und zentrale Strategien geraten ins Wanken. Statt Fortschritt dominiert Ernüchterung. Besonders die EU – allen voran Deutschland – steht mit ihren kostspieligen Vorhaben zunehmend in der Kritik (tkp: 24.04.25).
Wasserstoffnetz: Teuer, riskant und technisch problematisch
Laut EU-Plan sollen bestehende Erdgasleitungen teilweise grünem Wasserstoff weichen. Doch dieses Unterfangen treibt die Kosten in astronomische Höhen und bringt gravierende technische Hürden mit sich. Das extrem flüchtige H2 greift selbst Stahlleitungen an, ist leicht entzündlich und explosiv. Diese chemischen Eigenschaften machen eine flächendeckende Infrastruktur schwer beherrschbar.

Eine Analyse von Westwood Global Energy Group offenbarte kürzlich, dass nur ein Bruchteil der geplanten EU-Wasserstoffpipeline bis 2030 betriebsbereit sein dürfte. Ohne grundlegende Neuausrichtung bliebe der größte Teil der Infrastruktur eine Investitionsruine.
Produktion bleibt teuer – Nachfrage stagniert
Gleichzeitig entpuppen sich die Kosten für die Produktion grünen Wasserstoffs als kaum tragbar. Bloomberg prognostiziert langanhaltend hohe Preise, was die Realisierbarkeit eines breiten Einsatzes stark einschränkt. Hoffnung auf eine rasche Umstellung vieler Branchen verfliegt.
In der Praxis erkennen das auch Energieunternehmen. Die OMV zieht Konsequenzen und stellt sämtliche öffentlichen Wasserstofftankstellen in Österreich ein. Weder Endkundschaft noch Betreiber erkennen aktuell einen Nutzen, der den Aufwand rechtfertigt.
Industrieeinsatz statt flächendeckender Versorgung
Trotzdem bleibt Wasserstoff in industriellen Prozessen relevant. Die OMV investiert in eine neue Elektrolyseanlage, die bis zu 1.500 Tonnen H2 pro Jahr erzeugen soll. Laut Unternehmensangaben könnten so bis zu 15.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Der produzierte Wasserstoff dient zur Hydrierung von Kraftstoffen und ersetzt damit den CO2-intensiven grauen Wasserstoff in der Raffinerie.
Bernd Fislage, Vorstand der Kommunalkredit Austria AG, lobt das Vorhaben als Teil europäischer Umweltstrategie: „Dieses Projekt ist ein Meilenstein für die österreichische industriepolitische Beteiligung zum Green Deal der EU… Unserem Beitritt zur ‚European Clean Hydrogen Alliance‘ lassen wir nun Taten folgen, unterstützen den Elektrolyseanlage-Bau mit grüner Finanzierung und leisten so gemeinsam mit der OMV wichtige Beiträge zu den SDGs der Vereinten Nationen.“
Symbolpolitik und Subventionen statt Marktwirtschaft
Die Initiative ist Teil der WIVA P&G, der Vorzeigeregion für grünen Wasserstoff in Österreich. Doch der Subventionseinsatz suggeriert ein anderes Bild: Rentabilität scheint fern, politische Motive überwiegen. Die Steuerzahler tragen indirekt die finanziellen Verluste solcher Prestigeprojekte.
Diese politische Dimension findet sich auch in Deutschlands Vorhaben. Das Wirtschaftsministerium unter Leitung von Robert Habeck plant ein Mammutprojekt in Namibia. Auf 40 Quadratkilometern sollen Solarpaneele und Windräder grünen Wasserstoff produzieren, mitten in einem geschützten Wüstengebiet.
Koloniale Schatten über grüner Energie
Das Projekt in der Namib-Wüste rührt nicht nur an ökologischen Fragen, sondern an historische Wunden. Für den Ausbau des Hafens in Lüderitz stört offenbar eine Gedenkstätte für Opfer deutscher Kolonialverbrechen. Ein Abriss scheint einkalkuliert.
Namibias neu gewählte Präsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah prüft laut Berichten aktuell die Realisierbarkeit des Projekts. Gleichzeitig verdichten sich Hinweise, dass ihr Fokus künftig eher auf dem etablierten Ölsektor liegen dürfte.
Mit elementarem Ingenieurswissen lässt sich die technische und wirtschaftliche Absurdität des Konzepts leicht belegen. Wasserstoff aus 10.000 Kilometern Entfernung bedeutet nicht nur eine katastrophale Energiebilanz, sondern auch ein finanzielles Desaster in jeder betriebswirtschaftlichen Kalkulation.
Der grüne Wasserstoff als Sackgasse?
Die aktuellen Entwicklungen zeigen deutlich: Wasserstoff taugt derzeit nur punktuell als Energieträger. Die Euphorie von Politik und Industrie steht in krassem Gegensatz zur Realität von Kosten, Technik und Nachfrage. Ohne tiefgreifenden Wandel droht die Wasserstoffstrategie der EU ein teures Missverständnis zu bleiben.
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