Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis hat bei einer Energiekonferenz in Athen eine neue Richtung angedeutet. Er erklärte, Griechenland „sollte bereit sein, dem nuklearen Bündnis beizutreten“. Diese Aussage löste sofort Kritik aus. Linke Stimmen warnten vor einer „nuklearen Büchse der Pandora“. Gleichzeitig wächst jedoch die Zustimmung in der Bevölkerung. Griechenland verfügt über keinerlei eigene Erfahrung mit Kernkraft, dennoch rückt das Thema durch politische Signale in den Mittelpunkt (balkaninsight: 18.08.25).
Wachsende politische Kontroverse um Mitsotakis
Die Opposition von SYRIZA reagierte scharf und stellte den Vorstoß als riskanten Kurs dar. Damit verschärfte sich die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition. In den vergangenen Jahren hat die Energiepolitik des Landes stark auf Wind- und Solarenergie gesetzt. Dennoch entstehen nun Diskussionen über Alternativen. Viele Beobachter verweisen auf die Einstufung der Europäischen Union von 2022. Damals erklärte Brüssel Investitionen in Gas und Kernenergie als klimafreundlich, mit dem Ziel, den Ausstieg aus der Kohle zu beschleunigen.

Mitsotakis verfolgt ehrgeizige Klimaziele. Seine Regierung plant eine Treibhausgasneutralität bis 2050. In Athen betonte er, es gebe „keinen Weg für die Welt, Klimaneutralität ohne Kernenergie zu erreichen“. Diese Sichtweise findet auch in anderen EU-Staaten Rückhalt. Frankreich, Polen oder Tschechien setzen bereits auf Kernenergie als festen Bestandteil ihrer Strategien. Griechenland reiht sich nun in diese Debatte ein und prüft die Chancen einer Beteiligung.
Fokus auf maritime Nutzung und SMRs
Besonders aufmerksam verfolgen Experten die Hinweise auf den Schifffahrtssektor. Mitsotakis sprach von einer möglichen Investition in nuklear betriebene Handelsschiffe, „zumindest als Option“. Diese Idee verknüpft Energiepolitik mit Griechenlands maritimer Stärke. Reedereien stehen ohnehin unter Druck, CO₂-Emissionen deutlich zu senken. Mit neuen Technologien könnten sie eine Vorreiterrolle übernehmen.
Parallel sprach Mitsotakis von „sehr interessanten Entwicklungen“ im Bereich der Small Modular Reactors (SMRs). Diese Reaktoren gelten als kompakter, flexibler und sicherer als klassische Großanlagen. Weltweit experimentieren Unternehmen mit Prototypen, die weniger Platz benötigen und sich auch für abgelegene Regionen eignen. Für Griechenland eröffnen sich dadurch theoretisch Chancen, Stromversorgung zu diversifizieren, ohne riesige Infrastrukturprojekte zu starten.
Chancen und Risiken für Griechenland
Die Einführung von Kernenergie birgt jedoch Herausforderungen. Erstens verfügt das Land über keinerlei Fachwissen in diesem Bereich. Zweitens kostet der Aufbau einer Atomindustrie enorme Summen. Drittens bleibt die Entsorgungsfrage ungelöst. Kritiker betonen, dass Erneuerbare in Griechenland bereits stark wachsen und günstige Bedingungen haben. Sonne und Wind könnten langfristig ausreichend sein, solange Speichertechnologien voranschreiten.
Trotzdem sehen Befürworter Vorteile. Mit einem Mix aus erneuerbaren Quellen und Kernenergie ließe sich die Versorgung stabilisieren. Auch die geopolitische Abhängigkeit von Energieimporten könnte sinken. Griechenland befindet sich geografisch in einer Region, in der Versorgungssicherheit entscheidend ist. Deshalb betrachten einige Analysten den Schritt Richtung Kernenergie als strategisch.
Europäischer Kontext und Zukunftsoptionen
Die Diskussion in Athen spiegelt einen europäischen Trend wider. Immer mehr Länder prüfen Kernenergie als Brücke zur Klimaneutralität. Auch wenn Deutschland und Spanien dagegenstehen, formiert sich in Brüssel eine breite Allianz. Griechenland könnte Teil dieser Bewegung werden und zugleich Zugang zu gemeinsamer Forschung und Investitionen erhalten.
Ob das Land diesen Weg tatsächlich geht, hängt jedoch von vielen Faktoren ab. Gesellschaftliche Akzeptanz, Finanzierung, internationale Partnerschaften und technologische Reife spielen eine Rolle. Klar ist: Mit seiner Rede hat Mitsotakis ein Tabu gebrochen und das Thema Kernenergie fest in die politische Debatte eingeführt. Seine Worte markieren einen Wendepunkt, denn die Energiezukunft Griechenlands lässt sich künftig nicht mehr ohne diesen Aspekt diskutieren.
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