Im schlimmsten Szenario könnte kein Strom mehr zur Verfügung stehen. Der Streit um die Einspeisevergütung führte zum Bruch der Ampel-Koalition. Nun drängen führende Energieunternehmen auf schnelles Handeln. Besitzer von Solaranlagen kennen das Prinzip: Für jede eingespeiste Kilowattstunde erhalten sie aktuell etwa acht Cent. Diese Zahlung erfolgt unabhängig vom Marktpreis, selbst wenn der Börsenpreis bei null liegt. Doch die Finanzierung belastet den Bundeshaushalt erheblich. Allein im September 2024 kostete das den Steuerzahler 2,6 Milliarden Euro (fr: 10.12.24).
Reformpläne gescheitert – Experten warnen vor Blackouts
Die Ampel-Koalition plante eine Reform der Einspeisevergütung im Rahmen ihrer Wachstumsinitiative. Doch der Bundestag konnte den Vorschlag vor dem Koalitionsbruch nicht verabschieden. Nun wächst die Unsicherheit in der Branche. Die Solaranlagen-Anbieter Enpal und 1Komma5° appellieren an die Regierung, die Reform noch vor den Neuwahlen durchzusetzen. Laut PV Magazine erzeugen kleine Photovoltaikanlagen immer mehr Strom, der unkontrolliert ins Netz fließt. Im Juli 2024 betrug die Kapazität bereits 60 Gigawatt.
Netzbetreiber sehen darin ein wachsendes Risiko. Maik Render, Chef des Nürnberger Regionalversorgers N-Ergie, erklärte im Handelsblatt, dass ein ungebremster Ausbau zu instabilen Netzverhältnissen führen könnte. Auch der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) warnt vor lokalen Stromausfällen, besonders im Süden und Südwesten Deutschlands. Dort boomt der Ausbau privater Solaranlagen seit Jahren. Ohne Reform droht laut Enpal und 1Komma5° im schlimmsten Fall ein vollständiger Stromausfall.
Steuerbare Solaranlagen als Lösung
Neben der Einspeisevergütung fordern Experten steuerbare Solaranlagen. Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, betonte im September 2024, dass steuerbare Anlagen drohende Blackouts verhindern können. Netzbetreiber könnten solche Anlagen bei Bedarf abschalten und so das Netz stabil halten. Diese Maßnahme gehörte zum Plan der Ampel, der nun auf Eis liegt.
Damit Solaranlagen steuerbar werden, benötigen sie intelligente Stromzähler, sogenannte Smart Meter. Hier liegt Deutschland deutlich zurück: Während einige europäische Nachbarn bereits 90 Prozent ihrer Haushalte mit Smart Metern ausgestattet haben, beträgt der Anteil in Deutschland nur ein Prozent. Ein Gesetz der Ampel-Koalition sollte ab 2025 den Smart-Meter-Rollout beschleunigen. Haushalte hätten so die Möglichkeit, für weniger als 100 Euro einen Smart Meter zu installieren.
Politische Unsicherheit blockiert Reformen
Die Zukunft der Reform bleibt unklar. Eine Verabschiedung vor Jahreswechsel erscheint fraglich, da die Union zustimmen müsste. Kurz vor den Neuwahlen wollen SPD und Grüne jedoch keine Zugeständnisse machen. Zudem stehen mehrere Projekte der Ampel-Koalition aufgrund des Bruchs vor dem Aus. Ob die Reform der Einspeisevergütung und die Steuerungspflicht für neue Solaranlagen Priorität haben, bleibt offen.
Gefahr für die Netzstabilität wächst
Ohne Reform steigt die Gefahr von Netzinstabilitäten und lokalen Stromausfällen. Ein unregulierter Ausbau von Solaranlagen überfordert das Stromnetz. Steuerbare Anlagen und der Einsatz von Smart Metern könnten helfen. Doch ohne politische Einigung bleibt die Umsetzung fraglich. Die Zeit für eine Lösung drängt, um die Netzstabilität langfristig zu sichern.
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