Nach fast fünf Jahren Stillstand will Bayern den Forschungsreaktor FRM II der Technischen Universität München im Jahr 2025 erneut in Betrieb nehmen. Das hochangereicherte Uran bleibt dabei als Brennstoff im Einsatz. Doch technische und rechtliche Herausforderungen erschweren die Wiederaufnahme (ntv: 05.01.25).
Gerichtsbeschluss ermöglicht Betrieb
Der Forschungsreaktor FRM II, seit 2004 als zentrale Neutronenquelle für Wissenschaft, Medizin und Industrie bekannt, wurde von Beginn an wegen seines Brennstoffs kontrovers diskutiert. Im vergangenen Sommer wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Klage des Bundes Naturschutz in Bayern (BN) gegen die Nutzung von hochangereichertem Uran ab. Die Umweltschützer argumentierten, das Material sei „direkt waffenfähig“. Dennoch erlaubte das Gericht die Fortsetzung des Betriebs.
Ungeachtet des Urteils hat der BN Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Sollte der Prozess erneut aufgenommen werden, könnten sich weitere Verzögerungen ergeben.
Verzögerte Instandsetzungsarbeiten
Der FRM II stand seit 2019 still. Anfangs fehlten Brennelemente, später legte die Corona-Pandemie den Betrieb lahm. Zusätzlich verzögerten technische Probleme wie die Fertigung des zentralen Reaktorkanals die Wiederinbetriebnahme. Der Kanal ist eine essenzielle Komponente, die das Brennelement trägt. Laut Axel Pichlmaier, Technischer Direktor des FRM II, benötigt der Einbau des Zentralkanals nach Lieferung noch mindestens sechs Monate.
Sollte alles planmäßig verlaufen, könnte der Nutzerbetrieb mit Neutronen und Positronen gegen Ende 2025 anlaufen. Dennoch bleibt ein Restrisiko für weitere Verzögerungen bestehen.
Umweltschutz und Uran-Debatte
Der Streit um hochangereichertes Uran prägt die Diskussion um den Reaktor. Ursprünglich war eine Umstellung auf maximal 50 Prozent angereichertes Uran bis 2010 geplant. Wegen fehlender Alternativen genehmigten die Behörden jedoch die weitere Nutzung des alten Brennstoffs. Kritiker betonten, dass Deutschland dadurch seiner Nicht-Verbreitungspolitik zuwiderlaufen könnte.
Ein neuer Brennstoff mit weniger als 20 Prozent angereichertem Uran befindet sich in Entwicklung. Allerdings ist dieser voraussichtlich erst in den 2030er-Jahren einsatzbereit. Bis dahin bleibt das alte Material unverzichtbar. Die Umstellung birgt ebenfalls Herausforderungen, da langwierige Genehmigungsverfahren erwartet werden.
Lagerkapazitäten erschöpft
Ein weiteres Problem betrifft die Lagerung der verbrauchten Brennelemente. Im Abklingbecken in Garching befinden sich bereits 47 Elemente, Platz gibt es für maximal 50. Da jährlich etwa drei Elemente verbraucht werden, müssten nach dem Neustart bald Transporte ins Zwischenlager Ahaus stattfinden. Aktuell fehlen jedoch die nötigen Genehmigungen für den Transport.
Zentrale Bedeutung des FRM II
Trotz der Kontroversen gilt der FRM II als unverzichtbare Einrichtung. Seine Neutronenquelle dient der Forschung in Bereichen wie Materialwissenschaften, Quantentechnologien und Archäologie. Auch die Medizin profitiert durch die Produktion von Radiopharmaka zur Krebsbehandlung.
Die Wiederaufnahme des Betriebs ist somit nicht nur von nationalem, sondern auch internationalem Interesse. Die Bewältigung der offenen Probleme bleibt jedoch entscheidend für den langfristigen Erfolg des Projekts.
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