Europäische Länder ärgern sich über Deutschlands Energiepolitik. Die Preise für Strom schießen in die Höhe. Eine Windflaute in der Nordsee und dichte Wolkendecken in Deutschland lassen die Stromproduktion sinken. Das betrifft nicht nur deutsche Unternehmen, sondern auch europäische Partner. Am Donnerstag erreichte der Preis kurzzeitig 936 Euro pro Megawattstunde – der höchste Wert seit Juni (t-online: 13.12.24).
Unzufriedenheit in Schweden
Schwedens Energieministerin Ebba Busch zeigt sich empört. Auf der Plattform X schreibt sie: „Die Achterbahnfahrt der Strompreise ist unerträglich. Morgen steigen die Preise im südlichen Schweden zwischen 17 und 18 Uhr auf über 8 Kronen pro Kilowattstunde.“ Diese Schwankungen treffen die Verbraucher hart.
Busch sieht die Ursache in der Abschaltung von Kernkraftwerken. „Wenn der Wind nicht weht, explodieren die Preise in diesem gescheiterten Energiesystem. Deutschlands Preise von etwa 10 Kronen pro Kilowattstunde beweisen das.“ Schweden plant deshalb neue Atomkraftwerke. Das Land bezieht Strom aus eigenen Quellen und von Nachbarn. Deutschland spielt dabei eine zentrale Rolle als Exportpartner.
Fredrik Olovsson von den Sozialdemokraten fordert eine Aufteilung des deutschen Strommarktes. „Deutschland produziert viel Strom im Norden. Eine regionale Aufteilung könnte die Preise ausgleichen“, sagte er dem Aftonbladet. Dadurch ließen sich die Kosten für Verbraucher senken.
Wut in Norwegen
Auch Norwegen leidet unter den steigenden Strompreisen. Energieminister Terje Aasland spricht von einer „absolut beschissenen Situation“. Am Donnerstagnachmittag lagen die Preise in Südnorwegen bei 13,16 Kronen (1,09 Euro) pro Kilowattstunde. Das ist der höchste Stand seit 2009 – nahezu das Zwanzigfache des Preises der Vorwoche.
Aasland erwägt drastische Maßnahmen. Er denkt darüber nach, die Stromleitungen nach Dänemark zu kappen. Auch die Verträge mit Großbritannien und Deutschland sollen neu verhandelt werden. Gleichzeitig fordern norwegische Bürger, Wasserkraft-Strom vorrangig im eigenen Land zu nutzen. Der Export belastet die heimischen Verbraucher.
Integrierter europäischer Energiemarkt
Die Umstellung wird jedoch nicht einfach. Der europäische Energiemarkt funktioniert als Einheit. Strom fließt je nach Bedarf und Produktion zwischen den Ländern. Norwegen importiert ebenfalls Strom – derzeit zu extremen Preisen. Trotz Subventionen der Regierung leiden die Verbraucher unter der Situation.
Deutsche Industrie unter Druck
In Deutschland trifft die aktuelle Energiepolitik besonders Unternehmen, die Strom kurzfristig am Spotmarkt einkaufen. Dazu zählen Stahlwerke und Stadtwerke. Das Elektrostahlwerk der Firma Feralpi in Riesa stellte die Produktion komplett ein.
Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie, kritisiert: „Es ist zum Verzweifeln. Unsere Unternehmen und unser Land können sich keine schöne-Wetter-Produktion leisten. Es braucht dringend Kraftwerke, die zuverlässig einspringen.“
Zukunft der erneuerbaren Energien
Der Anteil von Ökostrom steigt weiter. 2024 erreicht er voraussichtlich 54 Prozent des Bruttostromverbrauchs. Das sind 1,5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Schon 2023 lag der Anteil bei einem Rekordwert von 52,5 Prozent. Damit deckten erneuerbare Energien erstmals über die Hälfte des deutschen Stromverbrauchs.
Diese Entwicklung stellt die Industrie vor Herausforderungen. Bei anhaltender Dunkelflaute und fehlender Kernkraft könnte die Situation weiter eskalieren. Eine stabile Energieversorgung bleibt für Deutschlands Wirtschaft unverzichtbar.
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