Europa bettelt nach Kohle und Gas – Russland soll liefern

Der Winter naht und die Gasspeicher in Europa sind fast alle nicht ausreichend gefüllt. Allein in Deutschland heizen rund 50 Prozent aller Haushalte mit Gas. Jetzt betteln europäische Energieversorger reihenweise in Russland nach mehr Kohle und Gas um die Energieversorgung im Winter sicherstellen zu können.


Europa fehlen fast alle Energieträger zur Stromerzeugung

Der europäische Energiemarkt ist angeschlagen, es fehlt praktisch an allen Energieträgern zur Stromerzeugung und auch zum Heizen. Ursache ist die langanhaltende Flaute und monatelange Bewölkung im ersten Halbjahr 2021. Sowohl Windkraft-, als auch Solaranlagen lieferten nur einen Bruchteil der kalkulierten Strommenge. Gleichzeitig stieg der Strombedarf nachdem die Wirtschaft nach dem Corona-Lockdown wieder in Fahrt gekommen ist. Um die Versorgung sicherzustellen mussten Gas- und Kohlekraftwerke einspringen. Dadurch sind die entsprechenden Vorräte dieser Energieträger rapid geschrumpft.

Europa bettelt nach Kohle und Gas, jetzt soll Russland liefern. Alle Energieträger zur Stromversorgung sind knapp.
Europa bettelt nach Kohle und Gas, jetzt soll Russland liefern. Alle Energieträger zur Stromversorgung sind knapp. Der kommende Winter wird kritisch.

Nicht genügend Kohle und Gas für den Winter

Normalerweise leeren sich die Gasspeicher im Winter und werden über den Sommer wieder gefüllt. Durch die niedrigen Temperaturen im Frühjahr liefen aber die Heizungen in Deutschland bis in den Juni hinein und wurden zum Teil bereits im September wieder eingeschaltet. Da auch die Gaskraftwerke aufgrund der Stromknappheit 46 Prozent mehr Strom erzeugten als in den Vorjahren war es nicht mehr möglich durch die langjährig vereinbarten Lieferkontingent die Speicher wieder rechtzeitig vor dem Winter zu füllen.


Europa bettelt in Russland nach Kohle und Gas

Jetzt bitten mehrere europäische Energieversorge Russland nach mehr Kohle und Erdgas, um eine Energiekrise zu verhindern. Europa hat sich seit Jahren weitgehend von der Kohle abgewandt, um seine Stromerzeugung umweltfreundlicher zu machen. Die Gasspeicher in der Region sind aufgrund der eingebrochenen Ökostromerzeugung jetzt nur noch teilweise voll. Flüssiggasanbieter bevorzugen Asien. Die asiatischen Staaten haben rechtzeitig ihre Liefervereinbarungen erhöht und haben damit auch die zur Verfügung stehenden Transportkapazitäten für sich in Anspruch genommen.

„Wenn alle europäischen Versorger auf Kohle umsteigen, wird dies zu einem enormen Anstieg der Kohlenachfrage führen, den Russland allein so kurzfristig nicht decken kann“, sagte Natasha Tyrina, Principal Research Analyst bei Wood Mackenzie Ltd. in Houston. „Dazu wäre auch Nachschub aus anderen Ländern nötig, zum Beispiel aus den USA, aber dort ist die Situation ähnlich wie überall.“

Kohle erlebt Comeback

In Europa ist es schwieriger geworden, mit Gasstrom Geld zu verdienen. Kohlekraftwerke arbeiten bei den stark angestiegenen Rohstoffpreisen trotz steigender CO2-Kosten rentabler. Die Nachfrage nach Öl, Gas und Strom steigt getrieben von China und den asiatischen Ländern stetig. Kohle feiert dabei gerade ein Comeback.

Der fossile Energieträger lebt wieder auf, denn die energiehungrigen Länder sind davon abhängig um ihre Wirtschaft am Laufen zu halten. Europäische Versorgungsunternehmen brauchen dringend mehr Kohle, sagte ein Stratege eines europäischen Versorgungsunternehmens und bat darum, nicht identifiziert zu werden. Aber Russland, der weltweit drittgrößte Exporteur des Kraftstoffs, zielt hauptsächlich auf den Verkauf an die größten Abnehmer in Asien ab. „Russland drosselt seit Jahren Kohleexporte nach Europa, während die Europäische Union Kohlekraftwerke schloss“, sagte Kirill Chuyko, Forschungsleiter bei BCS Global Markets. Eine Umleitung nach Europa werde schwierig sein, „da es bereits Verträge mit asiatischen Kunden gibt. Hinzu kommt, dass die Transportkapazität ohnehin begrenzt ist.“


Jetzt zahlt sich Putins Strategie, auf das Scheitern der Energiewende zu setzen, im vollen Umfang aus. Wir haben darüber bereits in unserem Artikel „Putin setzt auf scheitern der Energiewende“ berichtet. Allerdings hat Putin mit einem längeren Zeitraum kalkuliert und so sind die Ausbaupläne zur Kohleförderung in Russland noch nicht im vollen Umfang umgesetzt.

Energieversorgung bei strengem Winter kritisch

Der Winter wird spannend. Bei eine frühen Wintereinbruch oder ungewöhnlich tiefen Temperaturen werden alle Energieträger knapp. Beim Gas ist es bereits jetzt schon kritisch. Sollte auch der Kohlenachschub ausbleiben wird die Stromversorgung kritisch, denn Ende des Jahres gehen drei weitere Atomkraftwerke vom Netz. Diese können eigentlich nur durch Kohleverstromung ersetzt werden.

Ein Blackout wird von Tag zu Tag wahrscheinlicher.

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