Die EU-Kommission plant eine radikale Neuausrichtung des Automarkts. Ab 2030 sollen Firmenwagen und Mietwagen ausschließlich elektrisch angeschafft werden. Ein entsprechender Entwurf liegt bereits vor. Eine endgültige Entscheidung existiert allerdings noch nicht, denn in Politik und Industrie formiert sich bereits massiver Widerstand. Dabei geht es um eine 100-Prozent-Quote für Elektroautos bei Neuzulassungen von Firmen- und Mietwagenflotten. Brüssel möchte den Vorschlag im Spätsommer präsentieren und damit den parlamentarischen Prozess einleiten.
Firmenwagen im Fokus der neuen Vorgaben
Die Idee überrascht kaum, da die EU schon seit Monaten an strengeren Vorschriften arbeitet. Bereits im März stellte die Kommission Pläne vor, die den Anteil von Elektroautos in Unternehmensflotten deutlich erhöhen sollen. Anfang des Monats meldeten betroffene Firmen, dass eine Quote von 75 Prozent bis 2027 und die vollständige Umstellung auf Elektroautos bis 2030 diskutiert wird. Diese Vorgaben greifen fünf Jahre früher als das Verbrenner-Verbot für 2035.

Brüssel bestätigt zwar Arbeiten an neuen Regeln, schweigt jedoch zu Details. Ein offizielles Statement zur kolportierten 100-Prozent-Vorgabe liegt nicht vor. Selbst falls die Kommission den Plan einbringt, bleibt der Weg unsicher. Denn sowohl das EU-Parlament als auch der Rat müssten einer Regelung zustimmen.
Auswirkungen auf Mietwagen und Firmenwagen
Ein solches Vorhaben hätte enorme Marktfolgen. Rund 60 Prozent aller Neuwagen in der EU entfallen auf Firmenwagen und Mietwagen, während nur etwa 40 Prozent an private Käufer gehen. Damit betreffen die geplanten Quoten nicht nur die großen Anbieter, sondern auch zahlreiche mittelständische Betriebe.
Noch vor offizieller Vorstellung mehren sich kritische Stimmen. Laut Bild am Sonntag schrieb CSU-Europaabgeordneter Markus Ferber an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Darin fordert er, den Plan zurückzunehmen. Unternehmen würden Elektroautos oft nur anschaffen, um die Quote zu erfüllen – nicht aus Überzeugung.
Widerstand gegen beschleunigtes Verbrenner-Verbot
Auch Branchenvertreter äußern deutliche Bedenken. Richard Knubben, Generaldirektor von Leaseurope, warnte vor einem Vorgehen „durch die Hintertür“. Aus seiner Sicht entstehen Entscheidungen „aus Überzeugung und nicht auf Fakten gestützt“. Seine Kritik richtet sich klar gegen ein faktisches Vorziehen des Verbrenner-Verbots.
Sixt-Vorstand Nico Gabriel sieht in den Plänen ein gravierendes Problem. „Electric quotas for fleet operators are completely unsuitable as they do not address the root cause of the problem.“ Er hält den Vorschlag für „völlig weltfremd“, da die eigentliche Ursache im schleppenden Ausbau der Ladeinfrastruktur liegt. Ohne ein flächendeckendes Netz bleiben Elektroautos für viele Flottenbetreiber nur eingeschränkt nutzbar.
Politische Brisanz der Elektroauto-Pläne
Die Debatte zeigt, wie stark Klimapolitik und Wirtschaft aufeinanderprallen. Brüssel möchte den Verkehrssektor zügig dekarbonisieren. Doch viele Unternehmen fürchten Kosten, Wettbewerbsnachteile und Arbeitsplatzverluste. Besonders in Deutschland mit seiner starken Autoindustrie gelten die Pläne als politisch riskant.
Ob die EU tatsächlich an einer 100-Prozent-Quote für Firmenwagen festhält, entscheidet sich in den nächsten Monaten. Sicher ist nur: Die Vorschläge sorgen bereits jetzt für eine der heftigsten Auseinandersetzungen zwischen Regulierung, Mietwagen-Branche und Automobilwirtschaft in Europa.
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