EU bittet Aserbaidschan um zusätzliche Gaslieferungen aus Angst vor Russland-Konflikt

Die EU plant Aserbaidschan um mögliche Notgaslieferungen zu bitten. Die Notfallpläne werden erstellt, falls eine russische Invasion in der Ukraine die Energieversorgung beeinträchtigen sollte.


Kadri Simson, die Energiekommissarin der EU, wird hierfür Anfang nächsten Monats zu Gesprächen mit den aserbaidschanischen Ministern für Energie und natürliche Ressourcen nach Baku fliegen. Die geplanten Gespräche mit dem Verbündeten Moskaus zeigen die große Besorgnis in der EU. Die Gefahr eines erneuten Anstiegs der Energiepreise infolge eines russischen Krieges mit der Ukraine könnten fatale Auswirkungen haben.

EU bittet Aserbaidschan um zusätzliche Gaslieferungen aus Angst vor Russland-Konflikt

Russlands Erdgas macht 40% des gesamten EU-Gasbedarfs aus

Russland liefert etwa 40 Prozent des Gasbedarfs der EU und hat damit einen enormen Einfluss auf die europäischen Energiemärkte. Brüssel befürchtet, dass Sanktionen gegen Moskau als Reaktion auf eine Invasion Gegenmaßnahmen zur Einschränkung der Gaslieferungen provozieren könnten.

Simson wird in Baku an einer lange geplanten Ministerkonferenz teilnehmen. Sie strebt aber auch Gespräche mit den Ministern für Energie und natürliche Ressourcen Aserbaidschans, Parviz Shahbazov und Mukhtar Babayev, an. Laut einem Sprecher der EU geht es in den Gesprächen auch um den Notfallplan für Erdgas. Man hofft, dass das Lande die Gas-Lieferungen über die Transadriatische Pipeline (die von der Türkei nach Südeuropa verläuft) ausweitet.

„Wir erwarten, dass sich diese Diskussionen auf die Rolle Aserbaidschans bei der Diversifizierung der Gaslieferungen nach Europa konzentrieren werden. Dazu gehört auch das Potenzial, die Gaslieferungen über die Transadriatische Pipeline in die EU zu erhöhen. Die Jahreskapazität von TAP liegt derzeit bei etwa 10 Mrd. m³. Damit ist sie ein stabiler und zuverlässiger Lieferant für die EU.“


Aserbaidschan ist ein enger Verbündeter von Russland

Aserbaidschan ist ein ehemaliger Sowjetstaat und hat enge Beziehungen zu Moskau. Russische Friedenstruppen patrouillieren derzeit in Teilen der umstrittenen Region Berg-Karabach, die Baku nach einem Krieg mit dem benachbarten Armenien im vergangenen Frühjahr beansprucht. Dies unterstreicht den Einfluss des Kremls in der Region.

„Aserbaidschan wurde schon immer als Möglichkeit gesehen, sich von Russland weg zu diversifizieren und den Energiemix der EU zu stärken. Dass sie an aserbaidschanische Türen klopfen, ist nicht überraschend“, sagte Emre Peker, Europadirektor der Eurasia Group.

„Politisch gesehen wäre Baku meiner Meinung nach offen für die Idee. Dennoch müssten die die Dynamik um sie herum wirklich sorgfältig steuern, um Moskau nicht zu verärgern.“

Die Gespräche werfen ein Licht auf die ängstliche Suche der EU nach zusätzlichen Gasquellen. Die Beziehungen zu Russland verschlechtern sich momentan von Tag zu Tag. Die Biden-Regierung der USA hat davor gewarnt, dass der russische Präsident Wladimir Putin eine Invasion der Ukraine plant. Außerdem wurden 106.000 russische Soldaten an der Grenze zusammengezogen, was die Lage nicht vereinfacht.


Sanktionen gegen Russland sind auch ein Grund für Lieferunterbrechungen

Als Reaktion darauf hat die EU Gespräche mit den USA über das geführt, was Washington als „massives“ Paket westlicher Sanktionen als Reaktion auf die russische Aggression bezeichnet. Die EU-Mitgliedsstaaten sind sich jedoch ihrer Anfälligkeit für Lieferunterbrechungen ihres größten Gaslieferanten bewusst, wenn sich der Konflikt verschlimmert.

Die EU und die USA haben Gespräche mit Katar und anderen großen Gasexporteuren geführt. Man plant Notfallmaßnahmen, die sich auf die Sicherung zusätzlicher verflüssigter Erdgasladungen auf dem Seeweg konzentrieren. Simson hat angekündigt, dass sie am 7. Februar nach Washington DC reisen wird, um beim EU-US-Energierat weitere Gespräche über die Energieversorgung zu führen.

Fatih Birol, Leiter der Internationalen Energieagentur, sagte, dass Russland bereits die Gaslieferungen nach Europa drossele. Außerdem wies er darauf hin, dass die russischen Gasexporte nach Europa in den letzten drei Monaten des Jahres 2021 gegenüber dem Vorjahr um 25 Prozent zurückgegangen seien.

Die IEA geht davon aus, dass Russland mindestens ein Drittel des Gases zurückhält, das es nach Europa liefern könnte.

Analysen der Denkfabrik Bruegel zeigten, dass ein Anstieg der LNG-Importe unter der Annahme normaler Temperaturen die schwerste Gasknappheit in Europa in diesem Winter verhindern könnte. Dennoch ist es nicht möglich, jedes verlorene Molekül zu ersetzen, wenn Russland alle seine Lieferungen einstellt.

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