Erste Schätzung bestätigt: Deutsche Wirtschaft stagnierte im dritten Quartal

Die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal knapp einer technischen Rezession entgangen. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bestätigte am Dienstag seine erste Schätzung von Ende Oktober, wonach sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal nicht veränderte. „Die Konjunktur wurde im dritten Quartal von schwachen Exporten gebremst, während die Investitionen leicht zulegten“, erklärte Behördenchefin Ruth Brand.


Im ersten Quartal des Jahres war das BIP noch um 0,3 Prozent gewachsen, im zweiten Quartal von April bis Juni war es nach revidierten Angaben des Statistikamtes um 0,2 Prozent gesunken. Mit dem nun bestätigten Nullwachstum entgeht die deutsche Wirtschaft nur knapp einer technischen Rezession, welche nach allgemeiner Definition vorgelegen hätte, wäre die Wirtschaftsleistung das zweite aufeinander folgende Quartal zurückgegangen.

Einen Anstieg um 0,3 Prozent gab es nun den Angaben nach bei den Anlageinvestitionen, vor allem in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge. „Dies spiegelt sich auch in einer positiven Entwicklung der gewerblichen Pkw-Neuzulassungen wider“, erklärten die Statistiker. Die Bauinvestitionen sanken hingegen um 0,5 Prozent.

Deutsche Wirtschaft entgeht knapp der Rezession: Nullwachstum, schwache Exporte, stagnierender Konsum und anhaltende Unsicherheiten bremsen die Konjunktur.
Deutsche Wirtschaft entgeht knapp der Rezession: Nullwachstum, schwache Exporte, stagnierender Konsum und anhaltende Unsicherheiten bremsen die Konjunktur.

Der Konsum insgesamt stagnierte, wobei der private Konsum zum ersten Mal seit dem vierten Quartal 2023 zurückging. „Dies lag unter anderem daran, dass die Haushalte weniger für Gastronomie- und Beherbergungsdienstleistungen ausgaben“, erklärten die Statistiker. Die Konsumausgaben des Staates hingegen stiegen erneut, um 0,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Positive Impulse vom Außenhandel blieben aus.

Die Krise der Exportindustrie sei „gravierend und akut“, erklärte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. IMK-Konjunkturexperte Christian Breuer sprach von „massiven Schocks“ durch die Energiepreiskrise, die US-Handelspolitik und die chinesische Industrie. Da würden auch „unnötige Spardebatten“ nicht helfen: Die Krise „lässt sich nicht lösen, indem darüber diskutiert wird, ob durch Sozialkürzungen die Lohnnebenkosten um einige Zehntelprozentpunkte reduziert werden können.“


„Stattdessen sollte die Politik in Deutschland in dieser Situation Impulse setzen, um die Binnennachfrage zu stabilisieren und Unsicherheit vermeiden“, fuhr Breuer fort. Die Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität müssten nun „beschleunigt in nachfrage- und wachstumsorientierte Impulse“ gelenkt werden.

ING-Analyst Carsten Brzeski sieht kurzfristig keine Besserung: Die Kombination aus Zöllen, des geltenden Wechselkurses sowie politischer Spannungen und Unsicherheiten werde „Investitionen und Konsum wahrscheinlich weiterhin bremsen“, erklärte er. „Aus diesem Grund gehen wir davon aus, dass die Wirtschaft im letzten Quartal des Jahres weiterhin stagnieren wird.“ Erst danach könnte sich die Lage unter anderem aufgrund der „fiskalischen Impulse“ ändern.

AFP

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