Die Photovoltaik-Anbieter Enpal und 1Komma5° schlagen Alarm. Der Verkauf von Photovoltaik-Anlagen boomt, doch ausgerechnet diese Unternehmen sehen akute Risiken für die Stromversorgung. Zu Ostern droht ein Blackout, wenn keine schnellen Regulierungen für kleine Photovoltaik-Anlagen erfolgen. Obwohl beide Firmen sonst erbittert um Marktanteile kämpfen, sind sie sich in diesem Punkt einig. Das „Stromspitzen-Paket“, das die Bundesregierung Mitte Oktober vorgestellt hat, müsse umgehend in die Tat umgesetzt werden. Diese Maßnahmen seien laut Enpal und 1Komma5° systemrelevant und dürften trotz politischer Unsicherheiten nicht verzögert werden (pv-magazine: 11.11.24).
Scholz plant Projekte, Risiken bleiben hoch
Bundeskanzler Olaf Scholz hat angekündigt, zentrale Vorhaben wie die Senkung der Energiekosten noch vor den Neuwahlen anzugehen. Dazu zählt die geplante Reduzierung der Netzentgelte für die Industrie.
Doch ohne rechtzeitige Weichenstellungen im Energiemarkt, so die Unternehmen, könnten kleine, unregulierte Photovoltaik-Anlagen die Situation verschärfen. Diese Anlagen, meist mit einer Leistung unter 100 Kilowatt, speisen ihren Strom unkontrolliert ins Netz ein. Bereits im Juli 2024 war ihre Einspeiseleistung auf 60 Gigawatt gestiegen, und das Wachstum geht ungebremst weiter.
Experten warnen vor kritischen Netzüberlastungen
Der renommierte Energiepolitik-Professor Lion Hirth sowie Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, haben die Gefahren dieser Entwicklung klar benannt. An Tagen mit hoher Solarstromproduktion, wie Ostern oder Pfingsten, könnten extreme Stromüberschüsse entstehen. Selbst mit negativen Strompreisen ließe sich der Überschuss oft nicht auf dem Markt absetzen, was zu einer instabilen Situation im Netz führt. In einem besonders kritischen Fall, so erklärt Hirth, könnten Verteilnetzbetreiber gezwungen sein, ganze Regionen vom Netz zu trennen. Zwar sei ein flächendeckender Blackout unwahrscheinlich, doch das Risiko für schwere Störungen steige erheblich.
Enpal und 1Komma5°: Warnung vor regionalen Abschaltungen
Die gemeinsame Warnung von Enpal und 1Komma5° ist alarmierend. Sie sehen die Gefahr, dass Verteilnetzbetreiber gezielt Regionen vom Netz nehmen müssen, um einen Kollaps zu verhindern. Fachleute halten dieses Szenario für realistisch, insbesondere an den Feiertagen im Frühjahr 2025. Das „Stromspitzen-Paket“ müsse daher dringend greifen. Wichtige Maßnahmen sind die Vereinfachung der Energiespeicherung und Anpassungen beim Smart-Meter-Rollout. Ohne diese Reformen könne die Lage eskalieren.
Kritik und Dringlichkeit in der Branche
Obwohl die Branche die Notwendigkeit von Reformen anerkennt, gibt es auch Widerstand. Der Bundesverband Solarwirtschaft kritisiert, dass die Regulierungen für kleine Anlagen zu weitreichend sind. Trotzdem ist der Konsens klar: Verzögerungen dürfen keine Option sein. Der BSW-Solar und andere Branchenvertreter fordern sofortige Klarheit und rechtssichere Regularien. Mit jedem Tag ohne Regulierung steigt das Risiko, dass die Stromnetze den wachsenden Anforderungen nicht mehr gewachsen sind. Ein Warten bis zu den Neuwahlen könnte fatal sein.
Die Solar-Anbieter, die normalerweise auf den Vertrieb und Ausbau von Anlagen setzen, betonen: Jetzt sei die Zeit zu handeln, um das Stromnetz zu stabilisieren und die Zukunft der Energiewende zu sichern.
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