Schwere Zeiten könnten auf den Schweizer E-Bike-Hersteller Flyer AG in Huttwil zukommen. Das Unternehmen, bekannt für seine Innovationskraft im Bereich der Elektromobilität, steht vor einem möglichen Stellenabbau. Die deutsche Muttergesellschaft ZEG, eine der größten Einkaufsgenossenschaften für Fahrräder und E-Bikes in Europa, hat ein Konsultationsverfahren eingeleitet. Dieser Schritt ist ein rechtlicher Prozess, der in der Schweiz erforderlich ist, wenn Massenentlassungen bevorstehen (blick: 30.10.24).
Restrukturierung und mögliche Verlagerung der Produktion
Die Zweirad-Einkaufsgenossenschaft (ZEG) als Eigentümerin von Flyer plant laut Schweizer Medienberichten, den Standort in Huttwil deutlich zu verkleinern. Dabei steht im Raum, die Verwaltung auf ein Minimum zu beschränken und die Produktion möglicherweise ins Ausland zu verlagern. Die ZEG betont, dass dieser Schritt dazu dienen soll, innerhalb der Gruppe Synergien zu schaffen und Kosten zu reduzieren. Eine Entscheidung über das endgültige Schicksal der Produktion in der Schweiz steht jedoch noch aus.
Das Konsultationsverfahren gewährt den Mitarbeitenden die Möglichkeit, Einblicke in die Pläne des Unternehmens zu erhalten und Vorschläge einzubringen, um die möglichen Auswirkungen abzufedern. Für die betroffenen Angestellten bietet dieser Prozess die Chance, ihre Perspektiven und Bedenken mitzuteilen und eventuell Einfluss auf die geplanten Maßnahmen zu nehmen.
Betroffenheit unter den Angestellten
Am Hauptsitz in Huttwil arbeiten derzeit rund 170 Personen, die nach Bekanntwerden der Pläne zutiefst verunsichert sind. Viele Mitarbeiter fühlen sich von den Entwicklungen überrumpelt und äußern Unverständnis über die erneuten Einsparungen. Bereits im Sommer hatte das Unternehmen einen Abbau vollzogen: Im August fielen erste Kündigungen, im September wurde dann die Event-Abteilung geschlossen, und 80 Beschäftigte verloren ihre Arbeit.
Ein langjähriger Mitarbeiter äußerte gegenüber der Zeitung „Blick“: „Wir sind schockiert, dass schon wieder eine neue Restrukturierung notwendig ist.“ Die Zukunft der Angestellten steht in den Sternen, und die Unsicherheit über die anstehenden Veränderungen, oder gar Massenentlassungen, löst große Betroffenheit aus. Die Aussicht auf eine Verlagerung der Produktion nach Deutschland oder gar in Niedriglohnländer sorgt bei den Mitarbeitenden für zusätzliche Unruhe.
Mutterkonzern äußert Bedauern
Die ZEG nahm in einer kurzen Mitteilung Stellung zur aktuellen Entwicklung und sprach von großem Bedauern. Sie betonte, dass die Geschäftsleitung von Flyer AG die gegenwärtige Lage sehr ernst nehme. Falls es tatsächlich zu Entlassungen kommen sollte, will der Konzern einen Sozialplan vorsehen, um die betroffenen Mitarbeitenden zu unterstützen. Die ZEG mit Sitz in Köln ist seit 2017 Eigentümerin von Flyer und vereint über 1.000 Fahrrad-Fachhändler in Europa. Sie gehört zu den bedeutendsten Anbietern auf dem E-Bike-Markt und investierte bereits früher in den Ausbau und die Modernisierung der Produktion.
Eine Erfolgsgeschichte mit offenem Ausgang
Der E-Bike-Hersteller Flyer ist seit den 1990er-Jahren eine Pioniermarke im Bereich der Elektromobilität. Flyer setzte bereits auf Elektrofahrräder, als die Technologie noch in den Kinderschuhen steckte. Der Erfolg von Flyer spiegelt sich in der kontinuierlichen Expansion und Modernisierung der Produktionsanlagen wider. Heute jedoch scheinen steigende Produktionskosten und der zunehmende internationale Wettbewerbsdruck das Unternehmen in Bedrängnis zu bringen.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass selbst etablierte Unternehmen wie Flyer vor dem Risiko struktureller Veränderungen nicht gefeit sind. Das Ende des Konsultationsverfahrens könnte Aufschluss darüber geben, wie und ob Flyer seine Produktion weiterhin in der Schweiz aufrechterhalten kann, oder ob es zu Massenentlassungen kommt. Für die Mitarbeitenden, die jahrelang zum Erfolg des Unternehmens beigetragen haben, bleibt die Hoffnung, dass Flyer auch in Zukunft als Vorreiter der Elektromobilität bestehen kann.
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