Der Physiker und Energieforscher André Thess präsentiert in einem Interview mit der WELT seine scharfe Kritik an der deutschen Energiewende. Sein Werdegang umfasst Stationen an renommierten Institutionen weltweit, darunter die Princeton University, an der Nagoya University in Japan, der Northeastern University Shenyang und der Dalian University of Technology in China. Im Gespräch thematisiert er die hohen Kosten, den ökologischen Fußabdruck und Sicherheitsbedenken, die die Energiewende begleiten (welt: 25.03.24).
Energiewende zwischen Traum und Wirklichkeit: André Thess entlarvt die Kostenillusion
Die Bundesregierung strebt an, den Energieverbrauch innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte signifikant zu reduzieren. André Thess erkennt die physikalische Machbarkeit dieser Zielsetzung an, verweist jedoch auf die Diskrepanz zwischen Theorie und praktischer Umsetzbarkeit. Er zieht Parallelen zum Bau der Hamburger Elbphilharmonie, dessen Kosten weit über den ursprünglichen Schätzungen lagen. Optimistische Annahmen bezüglich der Kostenentwicklung sehen sich hier einer harten Realität gegenüber.
Der enge Zusammenhang zwischen Energieverbrauch und Wohlstand
Die Herausforderung, den Wohlstand bei gleichzeitig sinkendem Energieverbrauch zu erhalten, stellt schon die Statistik infrage. Thess verweist auf das Beispiel der Kanareninsel El Hierro, die trotz günstiger Bedingungen und erheblicher Investitionen ihre Ziele im Bereich erneuerbarer Energien nur teilweise erreicht hat. Für Deutschland prognostiziert er immense Kosten, sollten der Staat ähnliche Ambitionen verfolgen. Diese finanzielle Belastung könnte, ohne öffentliche Diskussion der damit verbundenen Opfer kaum zu stemmen sein.
Wirtschaft und Kritik am Fortschritt
Leonhard Birnbaum, CEO von E.on, und andere Führungskräfte der Wirtschaft melden sich vermehrt kritisch zu Wort. Thess bedauert, dass solche Stimmen nicht früher laut wurden. Opportunismus habe bisher eine offenere Debatte verhindert.
Technologie als Schlüssel zur Energiewende
Der Forscher diskutiert auch die technischen Aspekte und Herausforderungen. Die effiziente Nutzung von Solarenergie und Windkraft erfordert innovative Speichertechnologien. Trotz Fortschritten in der Speicherforschung bleiben die Kosten ein Hindernis. Thess betont die Notwendigkeit, alternative Speichermethoden zu erschwinglichen Preisen zu entwickeln. Er nennt auch die Bedeutung von Kernkraft als ergänzende Energiequelle zur Reduzierung der CO₂-Emissionen.
Zukunftsvision und globale Perspektiven
Das Ziel der Klimaneutralität ist für Thess erstrebenswert, muss jedoch im globalen Kontext gesehen werden. Deutschland kann durch die Entwicklung und den Export innovativer Technologien einen signifikanten Beitrag zum weltweiten Klimaschutz leisten. Ein solcher Ansatz würde nicht nur die Emissionen reduzieren, sondern auch Deutschlands technologische Führungsrolle stärken.
Energiewende am Scheideweg: Thess fordert Umdenken für echten Fortschritt
Abschließend stellt Thess die Effektivität der deutschen Energiewende infrage. Die Kriterien Preis, CO₂-Armut und Versorgungssicherheit zeigen, dass die ambitionierten Ziele bisher nicht erreicht wurden. Er plädiert für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Status quo und eine Neuorientierung der Energiepolitik, weg von staatlicher Lenkung hin zu mehr Innovation und Effizienz im freien Markt. Ein Umdenken in der Herangehensweise an die Energiewende, basierend auf realistischen Einschätzungen und technologischem Fortschritt, ist aus seiner Sicht unerlässlich für den Erfolg.
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