Deutsche Politiker, allen voran Bundeskanzler Olaf Scholz, hoffen weiterhin auf einen Wirtschaftsaufschwung, der neue Steuereinnahmen bringt und Arbeitsmarktprobleme löst. Doch das Gegenteil tritt gerade ein (weltwoche: 04.08.24).
Globale Rezession in den vier größten Wirtschaftsräumen
Die Juli-Einkaufsmanager-Indizes (PMIs) für die Industrie in den USA, China, der Euro-Zone und Japan sind alle in den Rezessionsbereich gerutscht. Dies ist ein seltenes Phänomen, dass alle vier Regionen gleichzeitig schwächeln. Erstmals seit vielen Jahren muss mit einer globalen Rezession gerechnet werden. Die Dienstleistungssektoren und staatliche Programme stützen die Weltkonjunktur teilweise noch, aber in den letzten Jahren haben sich Strukturprobleme aufgestaut. Diese lassen sich weder mit Zinssenkungen noch mit mehr Protektionismus lösen.
Gemeinsam ist allen bisher veröffentlichten PMIs, dass Neuaufträge ausbleiben. Der Nachholbedarf nach der Corona-Krise ist verebbt, die damaligen Ersparnisse sind aufgebraucht, und dennoch sind die Lager noch nicht geräumt. Die hohe Staatsverschuldung und die dafür fälligen Zinsen schränken die Handlungsspielräume der Regierungen ein. Diese versuchen zwar verzweifelt, mit verschiedenen Tricks Schuldenbremsen und Bonitätsrückstufungen zu umgehen, aber ihre Glaubwürdigkeit nimmt ab.
Auswirkungen höherer Zinsen und geopolitische Unsicherheiten
Die temporär höheren Zinsen haben zu einem Rückgang der Bauvorhaben geführt. Dies schlägt sich nun negativ in der effektiven Bautätigkeit nieder. Hoffnungen auf eine Wirtschaftserholung im weiteren Jahresverlauf sind damit begraben. Prognostiker verschieben den Aufschwung auf das Jahr 2025. Doch selbst dann ist kein Boom garantiert, auch wenn die US-Notenbank Fed bald Leitzinssenkungen durchführen könnte.
Im Juli sind die Zinsen weltweit stark gefallen. Dies liegt teilweise an der rückläufigen Inflation und den Hoffnungen auf weltweite Leitzinssenkungen. Aber ebenso wahrscheinlich sind diese Zinsrückgänge ein Vorbote einer globalen Rezession. Neben den fehlenden Aufträgen für die Industrie sind viele Unternehmen durch andauernde geopolitische Konflikte verunsichert. Militärische Auseinandersetzungen, Sanktionen, protektionistische Zölle und der globale Subventionskrieg lähmen die Investitionsfreudigkeit. Regierungswechsel in Frankreich und Großbritannien, die mit höheren Unternehmenssteuern drohen, tragen ebenfalls zur Unsicherheit bei. Diese Länder werden wie Deutschland weiter an Standortattraktivität verlieren.
Chinas besondere Situation und die Rolle der deutschen Regierung
China hat weder den temporären Inflations- noch den Zinshöhenflug mitgemacht. Im bisherigen Jahresverlauf sanken die Langfristzinsen von 2,58 Prozent auf 2,15 Prozent. Dennoch wird dieser Rückgang um 43 Basispunkte nicht ausreichen, die Überkapazitäten am chinesischen Immobilienmarkt und die Schuldenberge der Regionalregierungen schnell genug zu reduzieren. Die meisten Marktbeobachter erwarten bald neue staatliche Hilfsprogramme.
Bisher scheuten sich führende Ökonomen und Politiker, von einer bevorstehenden globalen Rezession zu sprechen. Doch die Realität lässt sich nicht ewig verdrängen. Früher oder später wird das Thema aufbrechen, und dann könnten Pessimisten mit düsteren Prognosen aufwarten.
Bundeskanzler Olaf Scholz glaubt nach wie vor an ein grünes Wirtschaftswunder wie in den 60er Jahren, obwohl mittlerweile alle Indikatoren auf das Gegenteil hindeuten. Seine Vision eines nachhaltigen Aufschwungs in Deutschland basiert auf der Annahme, dass grüne Technologien und erneuerbare Energien die Wirtschaft ankurbeln können. Doch die gegenwärtigen wirtschaftlichen Trends sprechen eine andere Sprache.
Derzeit stehen jedoch in Deutschland der grüne Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft sowie der „Kampf gegen rechts“ im Vordergrund. Damit geht wertvolle Zeit verloren, um notwendige Reformen anzupacken. Probleme, die nicht erkannt werden, bleiben ungelöst. Es könnte einen erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit benötigen, bis Politiker den Ernst der Lage erkennen. Die Arbeitslosenzahlen steigen bereits. Die Frage ist nur, wie schnell die Entlassungen voranschreiten und wie hoch die Arbeitslosigkeit klettern wird. Es wäre naiv zu glauben, Deutschland würde von einer globalen Rezession verschont bleiben.
Deutsche Politiker träumen von einem Aufschwung, der ihnen neue Steuereinnahmen und weniger Probleme am Arbeitsmarkt bringt. Doch das Gegenteil passiert. Die Rezession ist da.
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