Die steigenden Energiekosten haben zur Folge, dass Privathaushalte und vor allem die Wirtschaft stark belastet werden. Unternehmen mit hohem Energiebedarf, wie das Rottwerk im Landkreis Passau, Deitschlands einziger Hersteller von Rohsilizium, kämpfen sogar um ihre Existenz. Im Rottwerk stehen drei von vier Öfen zur Herstellung von Rohsilizium, derzeit still (BR: 28.03.23). Obwohl die Politik immer wieder betont, bei der Herstellung technischer Produkte zur Energiewende unabhängiger von China zu werden, findet real genau das Gegenteil statt. Die deutsche Industrie ist aufgrund der hohen Energiepreise am Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig.
Einzigartiger Rohsilizium-Hersteller in Deutschland arbeitet auf Sparflamme
Die RW Silicium GmbH, auch bekannt als Rottwerk, ist der einzige Hersteller von Rohsilizium in Deutschland. Das dort produzierte Silizium wird in vielen Branchen, wie z. B. bei der Herstellung von Solarzellen, Mikrochips und in der Chemieindustrie sowie in Alufelgen, verwendet.
Auf dem großen Gelände des Rottwerks am Rande von Pocking läuft zurzeit nur einer von vier Öfen in den Produktionshallen. Produktionsleiter Thomas Föll erklärt, dass die 120 Beschäftigten derzeit auf Sparflamme arbeiten. Er zeigt auf den Ofen namens „Frieder“, aus dem ein Arbeiter im Vollschutz flüssiges Metall mit einer Temperatur von etwa 1.600 Grad heraussticht.
Energiekosten verdreifacht: Rohsilizium-Hersteller muss Produktion stilllegen
Vor einigen Monaten beliefen sich die Energiekosten für eine Tonne Rohsilizium auf etwa 600 Euro. Doch mittlerweile hat sich dieser Betrag fast verdreifacht, wie der Geschäftsführer berichtet. Das Rottwerk musste darauf reagieren. Anfang des Jahres wurden alle vier Öfen stillgelegt, sodass die Belegschaft keine Arbeit mehr hatte. Erst ab dem 1. März konnte zumindest eine Brennmaschine wieder in Betrieb genommen werden.
Geschäftsführer Stefan Bauer erklärt, dass der Wettbewerb sehr anspruchsvoll geworden sei. In Frankreich könne deutlich günstiger produziert werden, da die Energiepreise dort staatlich reguliert seien. Im Vergleich zu den hohen Stromkosten in ihrer Region beträgt der Strompreis in Frankreich weniger als die Hälfte.
Rohsilizium-Hersteller fordert Industriestrompreis zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit
Bauer hofft, dass die Politik helfen kann. Wie viele andere Branchen fordert er einen Industriestrompreis, wie er in vielen Ländern bereits existiert. Mit einem solchen Preis könnten sie ihre Produktion planbarer gestalten. Sollte diese Hilfe jedoch nicht gewährt werden, wäre es für sie am Standort unmöglich, weiterhin zu produzieren.
Das bayerische Wirtschaftsministerium fordert die Einführung eines Industriestrompreises, um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im Freistaat zu erhalten. Ein Sprecher des Ministeriums betonte, dass bezahlbarer Strom notwendig sei, um die Transformation hin zu CO₂-ärmeren oder CO₂-neutralen Produktionsverfahren zu ermöglichen. Das Modell müsse effektiv und unbürokratisch sein und rechtzeitig mit dem Ablauf der Regelungen zur Strompreisbremse in Kraft treten. Auch andere Bundesländer, darunter Sachsen-Anhalt, drängen auf die Einführung eines verlässlichen und planbaren Strompreises für Großabnehmer. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich bisher eher zurückhaltend, kündigte jedoch an, ein Konzept für einen Industriestrompreis vorzulegen.
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