Ausländische Investitionen in Deutschland nehmen weiter ab. Die Zahl der angekündigten Projekte sank 2023 auf 733, zwölf Prozent weniger als im Vorjahr. Dies markiert den sechsten Rückgang in Folge und den niedrigsten Stand seit 2013. Während Deutschland im europäischen Vergleich weiterhin den dritten Platz belegt, vergrößerte sich der Abstand zu Frankreich, das mit 1194 Projekten weiterhin an der Spitze steht. Großbritannien belegt den zweiten Platz mit 985 Projekten und verzeichnete damit einen Zuwachs von sechs Prozent. Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass Deutschland im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn an Attraktivität für ausländische Investoren verliert (welt: 02.05.24).
Deutschlands Investitionskrise: Bürokratie und Kosten schrecken internationale Investoren ab
Henrik Ahlers, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung, betrachtet diese Entwicklung als alarmierend. Seit 2017 ist die Zahl der Investitionsprojekte in Deutschland um 35 Prozent gesunken, während sie in Großbritannien um 18 Prozent zurückging.
In Frankreich hingegen stieg sie um 20 Prozent an. Ahlers betont, dass Deutschlands Rückstand auf strukturelle Probleme zurückzuführen ist, darunter hohe Steuern, teure Energie, Arbeitskosten und Bürokratie. „Das Ergebnis: Die Investitionen sinken, die Stimmung bei Verbrauchern und Unternehmen ist im Keller, und die Konjunktur entwickelt sich schwach“, erklärt er. Die zunehmende Bürokratisierung und die hohen operativen Kosten machen Deutschland zu einem weniger attraktiven Standort für internationale Investoren.
Globale Konkurrenz und die Notwendigkeit strategischer Reformen
Die Situation in Europa zeigt ebenfalls eine Abwärtstendenz, wenn auch weniger stark als in Deutschland. Insgesamt sank die Zahl der angekündigten Projekte um vier Prozent auf 5694. Während die Türkei einen Zuwachs von 17 Prozent verzeichnete, stieg die Schweiz sogar um 53 Prozent. Die Gesamtzahl liegt jedoch elf Prozent unter dem Vor-Pandemie-Niveau. EY-Expertin Julie Linn Teigland betont die Bedeutung ausländischer Investitionen für Europa und fordert rasches Handeln angesichts der Konkurrenz aus den USA und China. „Europa braucht dringend ausländische Investitionen, und diese Studie sollte ein Weckruf für den gesamten Kontinent sein“, sagte Teigland.
Alarmierender Rückgang: US-Investitionen in Deutschland sinken drastisch
Obwohl US-Unternehmen weiterhin die wichtigsten Investoren in Deutschland sind, schrumpfte die Zahl der Projekte hier um 22 Prozent. Ahlers führt dies auf Subventionsprogramme wie den Inflation Reduction Act (IRA) zurück, der US-Unternehmen dazu verleitet, im eigenen Land zu investieren. Er betont, dass Deutschland wieder Vertrauen aufbauen und strukturelle Reformen wie Steuerentlastungen und Bürokratieabbau einleiten müsse, um eine nachhaltige Trendwende zu erreichen. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen könnte dazu beitragen, das internationale Investitionsklima zu revitalisieren und Deutschland wieder als attraktiven Standort auf der Weltkarte der Investoren zu positionieren.
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