In Zeiten, in denen die Wirtschaftswachstumsraten im Inland stagnieren, rückt das Ausland verstärkt in den Fokus deutscher Bürger und Unternehmen. Daniel Stelter empfiehlt, Chancen auf höhere Renditen im Ausland zu suchen. Bestätigt wird diese Einschätzung durch den Internationalen Währungsfonds (IWF), der eine langanhaltende Periode geringen Wachstums für Deutschland prognostiziert. Gründe hierfür sind vielfältig: von der Alterung der Bevölkerung über stagnierende Produktivitätszuwächse bis hin zu einer veralteten Infrastruktur und hohen Energiepreisen. Hinzu kommt eine zunehmend belastende Bürokratie. Bereits 2018 zeigte das Kieler Institut für Weltwirtschaft auf, dass Auslandsinvestitionen für Unternehmen lukrativer sind. Die Standortbedingungen in Deutschland haben sich seitdem weiter verschlechtert, was den Renditevorsprung internationaler Investitionen zusätzlich vergrößert (handelsblatt: 07.05.24).
Deutschlands kluge Köpfe wandern ab: Warum junge Talente das Land verlassen
In den letzten zehn Jahren haben rund 635.000 Deutsche Deutschland verlassen. Die überwiegende Mehrheit dieser Personen ist jung und hoch qualifiziert. Eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung bestätigt: Auswanderer sind nicht nur besser ausgebildet, sondern auch gesünder und zufriedener als die Daheimgebliebenen.
Trotz starker Zuwanderung aus dem Ausland zeigt sich, dass ein erheblicher Anteil der qualifizierten Migranten nicht dauerhaft in Deutschland bleiben möchte. Insbesondere unter Studierenden mit Migrationshintergrund planen 24 Prozent, ihre Karriere eher im Ausland voranzutreiben. Attraktivere Gehälter, niedrigere Steuern und ein freieres Forschungs- und Unternehmensklima motivieren sie dazu.
Deutschland am Scheideweg: Warum unsere Wirtschaftstalente das Land verlassen
Die Aufforderungen des Wirtschaftsministers zum „Standortpatriotismus“ treffen auf harte wirtschaftliche Realitäten. Deutschland, einst Vorreiter der industriellen Revolution, findet sich in einer Phase, in der es leichter fällt, alte Industrien abzubauen als neue aufzubauen. Die politische Gestaltung erscheint oft mehr hinderlich als förderlich. Obwohl die Zukunft möglicherweise positivere Entwicklungen bereithält, liegt der tatsächliche Fortschritt im 21. Jahrhundert vornehmlich in anderen Teilen der Welt.
In dieser Lage erscheint es rational, die besseren Entwicklungen im Ausland für sich zu nutzen – sei es durch Auswanderung, Investitionen oder das Anlegen von Ersparnissen. Effektive Maßnahmen sind nötig, um das Investieren und Verbleiben in Deutschland attraktiver zu gestalten, jedoch sind kaum entsprechende Ansätze sichtbar. Vielmehr könnte die Verschärfung der Wegzugsteuer für Unternehmen und Privatpersonen den Anreiz, das Land zu verlassen, nur noch weiter verstärken. Ein umfassendes Fitnessprogramm für die deutsche Wirtschaft scheint unabdingbar, doch der politische Wille dazu bleibt fraglich.
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