Deutschland bereitet sich im Fall Uniper auf ein Worst-Case-Szenario vor. Der Staat verdoppelt die Finanzhilfe für Uniper SE auf 60 Milliarden Euro. Uniper ist der größte Gasversorger des Landes. Dessen finanzielle Situation verschlechtert sich auf einen erwarteten bereinigten Nettoverlust von 3,2 Mrd. Laut mit der Angelegenheit vertrauten Personen müssten die Preise zwei Jahre lang hoch bleiben, damit der Fehlbetrag die maximale Erwartung der Regierung erreicht (Bloomberg. 26.10.22).
Gaspreise werden im Winter wieder steigen
Die erstaunliche Zahl geht davon aus, dass die Gaspreise auf den in den Sommermonaten beobachteten Höchstständen bleiben. Der Gasverbrauch ist in den letzten Wochen gesunken. Er wird aber voraussichtlich wieder steigen, sobald die Temperaturen fallen und der Heizbedarf steigt. Uniper benötigt dringend Geld, um den gestiegenen Gaspreis für seine Lieferverträge mit Hunderten von lokalen deutschen Energieversorgern zu finanzieren.
Uniper bald vollständig verstaatlicht
Nach aktuellem Stand erhält Uniper aus einem 200-Milliarden-Euro-Hilfspaket rund 31 Milliarden Euro vom Staat. Die Rettungsaktion wird bis Ende des Jahres zur vollständigen Verstaatlichung des Versorgungsunternehmens führen. Wenn das Gesetz vom Deutschen Bundestag bestätigt wird, könnten die Gelder, laut einem Insider, der nicht genannt werden will, kurzfristig fließen. Der stellvertretende deutsche Finanzminister Florian Toncar sagte, die Regierung werde sicherstellen, dass Uniper betriebsfähig sei. Die Regierung werde die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung stellen. „Uniper ist ein entscheidendes Unternehmen für die Gasversorgung in Deutschland, sonst würden wir nicht solch hohe Einsätze riskieren“, so Toncar in einem Interview mit Bloomberg.
Bis zu 60 Milliarden Euro erforderlich, um Uniper zu retten
Er äußerte sich nicht zur Höhe möglicher zusätzlicher Hilfen. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums lehnte es ab, die Zahl zu bestätigen. Der Gaskonzern selbst lehnte eine Stellungnahme ab. Laut Bloomberg-Analyst Patricio Alvarez seien 60 Milliarden Euro nur bei extrem hohen Gaspreisen von etwa 200 Euro pro Megawattstunde denkbar. Deutschland zahlt den Preis für den Aufbau einer Abhängigkeit von Russland, das vor dem Ukrainekrieg mehr als die Hälfte des Gases nach Deutschland geliefert hat.
Die Verstaatlichung von Uniper ist Deutschlands bisher größter Schritt, um das Land in diesem Winter und darüber hinaus vor Stromausfällen und Rationierungen zu schützen. Weitere Schritte werden wahrscheinlich folgen. Die europäischen Benchmark-Gas-Futures sind gegenüber den Höchstständen im August um etwa 70 % gefallen. Mittlerweile wurden die Erdgasspeicher mit immer mehr Flüssiggas gefüllt. Aber die Gaspreise sind immer noch rund gut dreimal so hoch wie im Durchschnitt der letzten fünf Jahre.
Uniper macht pro Quartal 5 Milliarden Euro Verlust
Die Düsseldorfer Uniper muss das Gas zu einem Preis kaufen, der deutlich über dem liegt, was sie für Lieferungen aus Russland bezahlt hat. Laut Schätzungen von Bloomberg Intelligence könnten russische Gaskürzungen zu vierteljährlichen Verlusten von bis zu 5 Milliarden Euro bei Spotpreisen von 80 bis 100 Euro pro Megawattstunde führen. Steigende Energiepreise haben andere Energieunternehmen finanziell unter Druck gesetzt, wobei Nachschussforderungen, die zur Absicherung von Geschäften erforderlich sind, auf ein unhaltbares Niveau gestiegen sind. Der Konzern hatte erwartet, einen Teil der Mehrkosten über eine von der Bundesregierung geplante Abgabe an die Verbraucher weitergeben zu können. Doch diese Umlage wurde kurz nach Bekanntgabe wieder zurückgenommen und durch eine Preisobergrenze für Verbraucher ersetzt. Anderen Gasimporteuren wie der VNG AG und der Securing Energy for Europe GmbH hat die Regierung eine „maßgeschneiderte Lösung“ zugesagt. Rund 50 Milliarden Euro aus dem Fonds sollen an Gasimporteure gehen, das sieht der deutsche Entwurf für ein Rettungsgesetz vor.
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