Die Statistik zum Elektroauto klingt nach Erfolg. Doch für Händler im Autogewerbe sieht die Realität anders aus. Immer mehr Neuzulassungen tauchen in den offiziellen Meldungen auf, doch die Nachfrage der Kunden bleibt schwach. Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) beschreibt die Lage mit ernüchternden Worten: „Die wachsende Zahl an Elektroauto-Neuzulassungen täuscht über die Realität im Handel hinweg“ (focus: 19.08.25).
Statistiken verschleiern die wirkliche Lage
Laut ZDK entsteht der Eindruck eines Wachstums vor allem durch Eigenzulassungen, Flottenkäufe und taktische Maßnahmen. Für echte Privatkunden bleibt die Schwelle zum Kauf eines Elektroautos hoch. In den vergangenen zwei Jahren ging die private Nachfrage deutlich zurück, während die gewerblichen Zulassungen stagnierten.

Auch die jüngste ZDK-Konjunkturumfrage bestätigt diese Entwicklung. Bestellungen von batterieelektrischen Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden haben seit Jahresbeginn in allen Bereichen an Dynamik verloren. Zwar meldet das Kraftfahrt-Bundesamt steigende Zulassungen, doch die Struktur zeigt ein anderes Bild. „Was statistisch als Erfolg erscheint, ist häufig das Ergebnis von Eigenzulassungen durch Hersteller und Händler“, so ZDK-Präsident Thomas Peckruhn.
Eigenzulassungen explodieren – Händler warnen vor Illusion
Im ersten Halbjahr haben sich die Eigenzulassungen batterieelektrischer Fahrzeuge gegenüber 2023 mehr als verdoppelt. Allein die Hersteller erhöhten ihre Eigenzulassungen in nur zwei Jahren auf das Vierfache. Gleichzeitig sank die Zahl der privaten Neuzulassungen um neun Prozent. Auch die neuesten Zahlen aus Juli ändern daran wenig.
Ein Vergleich von Januar bis Juli zwischen 2023 und 2025 verdeutlicht die Lage. Sobald Eigenzulassungen herausgerechnet werden, schrumpfen die gewerblichen Verkäufe von Elektroautos fast um ein Prozent. Bei den privaten Neuzulassungen liegt das Minus bei knapp fünf Prozent. Damit entlarven sich die offiziellen Wachstumsraten als trügerisch.
Händler fordern neue Kaufprämien
Peckruhn spricht von einem „klaren Warnsignal“. Politik und Öffentlichkeit orientieren sich an den amtlichen Zahlen, die jedoch keine echte Kaufbereitschaft widerspiegeln. Damit Elektromobilität langfristig Erfolg hat, braucht es gezielte Impulse. Steuererleichterungen bei Dienstwagen und Abschreibungsmöglichkeiten helfen nur Unternehmen, nicht privaten Käufern. „Ohne neue Impulse erreicht der Markt keine Trendwende“, betont Peckruhn.
Vier von fünf Betrieben stufen die aktuellen Förderprogramme als unzureichend ein. Vor allem größere Händler mit vielen Beschäftigten fordern entschlossenes Handeln. Neben sinkenden Strompreisen und einer besseren Ladeinfrastruktur wünschen sich Händler mehr Transparenz bei den Ladetarifen. Diese Punkte stehen ganz oben auf der Agenda der Branche.
Forderung nach neuer Kaufprämie
„Die Umfrageergebnisse sprechen eine klare Sprache: Wir brauchen dringend eine breitangelegte Förderung insbesondere privater Elektroautos, die den Namen auch verdient“, erklärt Peckruhn. Eine Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte könnte spürbare Entlastung schaffen. Nach Ansicht des ZDK zielt die Politik aktuell jedoch zu stark auf hochpreisige Dienstwagen.
Gleichzeitig betonen die Händler ihre jahrelangen Investitionen in Ausbildung und Werkstätten. Wer seit über einem Jahrzehnt auf Elektromobilität setzt, möchte nun nicht ins Hintertreffen geraten. „Wir geraten ökologisch, technologisch und wirtschaftlich ins Hintertreffen, wenn diese Technologie jetzt nicht hochläuft“, so Peckruhn.
EU-Ziele nur mit drastischen Maßnahmen erreichbar
Der Blick nach Brüssel verstärkt die Sorgen. Um die CO₂-Flottenziele bis 2035 einzuhalten, müssten bereits jetzt rund 100.000 zusätzliche Elektroautos pro Jahr verkauft werden. Das entspräche einem Marktanteil von 25 Prozent. Von diesem Ziel ist die Branche weit entfernt.
Auch die Umsatzprognosen für das zweite Halbjahr zeichnen ein düsteres Bild. Mehr als die Hälfte der großen Autohäuser rechnet mit Rückgängen. Kleine und mittlere Betriebe zeigen sich etwas zuversichtlicher, weil sie stärker von Werkstattaufträgen profitieren. Dennoch bleibt der Trend eindeutig: Die offiziellen Zulassungszahlen überdecken eine tiefe Absatzkrise.
Lesen Sie auch:
- Eigenzulassungen der Hersteller verfälschen zunehmend den E-Auto-Markt
- Schock beim Wiederverkauf – bis zu 40 % Wertverlust bei Elektroautos im ersten Jahr
- Chinas Elektroautos auf Talfahrt in Europa: Händler wenden sich ab
- Elektroautos: Nur vier Hersteller fahren weltweit Gewinne ein – der Rest kämpft ums Überleben