Der Rollout intelligenter Stromzähler verläuft schleppend. Obwohl das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eine „weitere deutliche Steigerung“ erwartet, herrscht in der Energiebranche Frust. Bastian Gierull von Octopus Energy erklärt: „Der Smart Meter Rollout ist und bleibt zu langsam. Viele Messstellenbetreiber tun sich extrem schwer oder haben noch gar nicht angefangen“ (table.media: 02.06.25)
Rollout-Ziele bleiben in weiter Ferne
Nur 2,18 Prozent aller Messstellen in Deutschland sind mit Smart Metern ausgestattet. Bei den Pflichtfällen liegt die Quote bei 13,91 Prozent. Damit steht Deutschland im EU-Vergleich auf Platz 27. Ab 2025 greift eine gesetzlich festgelegte Einbaupflicht.

Die Zielmarken: 20 Prozent bis Ende 2025, 50 Prozent bis 2028, 95 Prozent bis 2030. Gierull bezweifelt, dass auch nur das erste Etappenziel erreichbar ist. Die Technik bietet klare Vorteile: Verbrauchsdaten lassen sich digital übertragen, dynamische Tarife helfen beim Sparen.
Nachfrageflexibilität durch digitale Steuerung
Ein zentrales Konzept lautet Demand-Side Flexibility – die Möglichkeit, den Stromverbrauch flexibel an Netz- und Marktsignale anzupassen. Dazu braucht es eine funktionierende Infrastruktur mit Smart Metern. Laut der Beratungsfirma DNV könnten bei vollständiger Umsetzung bis 2030 jährlich 37,5 Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden. Zusätzlich ließen sich 29,1 Milliarden Euro an Netzinvestitionen und 71 Milliarden Euro an Verbraucherkosten vermeiden. Der Nutzen für Deutschland liegt laut Ministerium bei bis zu 10,6 Milliarden Euro.
Wirtschaftlichkeit unter Druck
Trotz dieser Chancen stagniert der Rollout. Patrick Vollmuth von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft betont: „Der Smart-Meter-Einbau ist für Messstellenbetreiber nicht kostendeckend.“ Hinzu kommt eine hohe regulatorische Komplexität. Die Bundesnetzagentur meldet, dass mehr als die Hälfte der Betreiber bislang keine Geräte eingebaut hat. Die Integration in bestehende IT-Strukturen verlangt erhebliche Investitionen. Die Behörde empfiehlt Kooperationen oder die Nutzung externer Dienstleister. Sanktionen bei Verstößen sind vorgesehen.
Anbieter fordern einfachere Lösungen
Die Kritik an der technischen Überregulierung wächst. Digitale Stromanbieter wie Ostrom, Tibber, Rabot Energy und Octopus Energy fordern in einem offenen Brief ein schlankeres Modell. „Smart Meter müssen an erster Stelle Stromflüsse messen und Messwerte übermitteln (TAF 7) – mehr nicht.“ Die teure Steuerfunktion gemäß § 14a EnWG sehen sie als überflüssig. Stattdessen schlagen sie ein „Smart Meter Light“ mit Cloudlösungen vor, um den Rollout zu beschleunigen und die Einstiegshürden zu senken.
Experten kritisieren Sonderweg
Prof. Lion Hirth von der Hertie School unterstützt die Forderung nach einem reduzierten System. „Nach meiner Auffassung ist der deutsche Sonderweg bei Smart Metern einfach falsch. Zusätzliche Funktionen […] sollten aber nicht zum gesetzlich definierten Funktionsumfang gehören.“ Der Rollout gerät so durch technische Komplexität ins Stocken, obwohl die Geräte längst marktreif und einsatzbereit sind.
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