„Das Ausland lacht über uns“ – Unternehmer Herrenknecht rechnet mit der Politik ab

Im Interview mit dem Handelsblatt zeichnet Unternehmer Martin Herrenknecht ein schonungsloses Bild vom Zustand des Standorts Deutschland. Der Unternehmer kritisiert Bürokratie, China-Strategie, Infrastruktur und Arbeitsmarkt gleichermaßen. „Das Ausland lacht über uns“, warnt der Firmenchef und beschreibt eine Republik, die sich in Verfahren verliert, während Wettbewerber entschlossener handeln. Seine Analyse verbindet wirtschaftliche Erfahrung mit klaren Erwartungen an politisches Handeln (handelsblatt: 11.12.25).


Unternehmer fordert Führung statt Symbolpolitik

Der Unternehmer äußert zunächst grundsätzliches Vertrauen in den Bundeskanzler. „Der Kanzler macht einen guten Job“, hält er fest. Danach folgt eine deutliche Abrechnung mit dem Regierungshandeln. Gegenüber einem „gigantisch aufgeblähten Sozialstaat“ fehle es an Durchsetzungskraft. Reformen blieben aus, obwohl der Druck seit Jahren bekannt sei. Der Firmenchef erkennt vor allem Symbolpolitik. Politische Gesten ersetzten Entscheidungen, während der Verwaltungsapparat weiter wachse.

Unternehmer Herrenknecht warnt vor politischer Lähmung, Bürokratie und Industrieabbau und fordert radikal Kurskorrekturen
Unternehmer Herrenknecht warnt vor politischer Lähmung, Bürokratie und Industrieabbau und fordert radikal Kurskorrekturen

Diese Kritik betrifft nicht einzelne Maßnahmen, sondern die Grundhaltung. Der Unternehmer beschreibt eine politische Kultur, die Konflikte meidet. Führung zeige sich für ihn im Durchsetzen unbequemer Schritte. Genau daran mangele es, obwohl wirtschaftliche Risiken offen zutage lägen.

Internationale Wahrnehmung und strukturelle Schwäche

Deutschland trete international sichtbar auf, doch Wirkung bleibe begrenzt. Herrenknecht fordert eine nüchterne Betrachtung der Ergebnisse. Andere Staaten schützten ihre Industrie konsequenter. Hierzulande dominiere Rücksichtnahme. Der Unternehmer sieht darin ein strukturelles Problem, das sich durch alle Ebenen ziehe.

Besonders auf EU-Ebene kritisiert er den ausufernden Verwaltungsapparat. Programme flössen, ohne europäische Anbieter zu sichern. Zuständigkeiten verwischten Verantwortung. Für den Firmenchef ist das kein Zufall, sondern Ausdruck politischer Bequemlichkeit.

China-Politik zwischen Abhängigkeit und Naivität

Mit Blick auf China wählt der Unternehmer klare Worte. Sein Unternehmen sei „der letzte Hersteller von Tunnelbohrmaschinen in der westlichen Welt“. Diese Tatsache zeige, wie weit der industrielle Rückzug fortgeschritten sei. Anbieter aus der Volksrepublik dominierten den Markt durch staatliche Unterstützung und aggressive Preise. „Wir müssen uns schützen“, fordert er.

Politische Untätigkeit verschärfe die Abhängigkeit. Während europäische Firmen beim Export hohe Zölle zahlten, erreichten Produkte aus China den Binnenmarkt nahezu ungehindert. Der Unternehmer spricht von einem strukturell verzerrten Wettbewerb. Ohne Gegenmaßnahmen verliere Europa technologische Souveränität.

Infrastruktur als Sinnbild politischer Lähmung

Kaum ein Thema steht für den Stillstand so deutlich wie die Infrastruktur. Tunnel und Maschinen stünden bereit, doch Anschlussstrecken fehlten. Der Unternehmer verweist auf internationale Projekte, bei denen Technik termingerecht liefere, während Genehmigungen hierzulande Jahre dauerten. „Das ist doch Wahnsinn“, kommentiert er milliardenschwere Maßnahmen mit minimalem Nutzen.

Ein Infrastrukturbeschleunigungsgesetz hält er für zwingend. Weniger Einsprüche und schnellere Verfahren könnten Investitionen freisetzen. Das Verkehrsnetz entscheide über Wettbewerbsfähigkeit. Dennoch erkenne er vor allem Ankündigungen, keine konsequente Umsetzung.


Arbeitsmarkt braucht Anreize statt Schonung

Auch der Arbeitsmarkt gerät in den Fokus der Kritik. Der Unternehmer hält bestehende Regelungen für nicht mehr zeitgemäß. Kündigungsschutz, lange Krankengeldzeiten und geringe Leistungsanreize passten nicht zu einer Wirtschaft im Umbruch. Internationale Vergleiche zeigten flexiblere Modelle im Beschäftigungssystem.

„Die sind hungrig und wir sind gesättigt“, beschreibt der Firmenchef den Unterschied zu Asien. Steuerfreie Überstunden könnten Motivation schaffen. Stattdessen dominierten Debatten über Verkürzung. Für ihn ein weiteres Beispiel politischer Realitätsverweigerung.

Fazit eines erfahrenen Unternehmers

Trotz aller Kritik zeigt sich der Unternehmer bereit, Verantwortung zu übernehmen. Eine maßvolle Reichensteuer lehnt er nicht grundsätzlich ab. Gleichzeitig warnt er vor Regelungen, die unternehmerische Substanz gefährden. Seine Botschaft bleibt eindeutig.

„Wir müssen wieder raus aus der Softie-Gesellschaft“, fordert Herrenknecht. Deutschland brauche Führung, Mut und klare Entscheidungen. Solange Politik vor allem verwalte, bleibe sein Befund bestehen: „Das Ausland lacht über uns.“

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