Anne Brorhilker führte als Staatsanwältin Hunderte von Strafverfahren gegen Cum-Ex-Betrüger. Nun hat sie den Staatsdienst verlassen, um gegen das „fehlgeleitete System“ zu kämpfen, das milliardenschwere Steuerbetrügereien ermöglichte. Ein entscheidender Unterschied zwischen ihrer früheren und aktuellen Tätigkeit besteht darin, dass sie als Staatsanwältin und Beamtin keine politischen Forderungen stellen konnte. Jetzt, als Aktivistin und Co-Chefin der Bürgerbewegung Finanzwende, erhebt sie schwere Vorwürfe gegen die Regierung, besonders gegen den Finanzminister (ntv: 17.07.24).
Ex-Staatsanwältin prangert Milliardenbetrug an: Forderungen an Lindner und Finanzministerium
Brorhilker verlangt von der Finanzverwaltung, insbesondere dem Bundesfinanzministerium unter Christian Lindner, einen klaren Beweis, dass sie auf Seiten der Bürger stehen und nicht der Banken, die den Staat um Milliarden betrogen haben. Ihr Mitstreiter, Finanzwende-Gründer Gerhard Schick, betont: „Die Bankenfreundschaft von Christian Lindner gefährdet die öffentlichen Haushalte.“ Beide sind über die Untätigkeit des Staates beim sogenannten Cum-Cum-Steuerbetrug besorgt. Diese Betrugsmasche, eng verbunden mit den bekannteren Cum-Ex-Geschäften, hat Schätzungen zufolge einen Schaden von mindestens 28,5 Milliarden Euro verursacht. Trotz riesiger Haushaltslöcher zeigten die Finanzminister bislang keinerlei Interesse, dieses Geld einzutreiben.
Stattdessen habe das Bundesfinanzministerium die kriminellen Aktiendeals jahrelang unterstützt, indem es sie in einem Schreiben von 2016 unter bestimmten Bedingungen als zulässig erklärte. Erst 2021 wurde dies korrigiert, doch bis heute gibt es keine sichtbaren Bemühungen, die verlorenen Milliarden zurückzuholen.
Bankenlobby vs. Rechtsstaat: Ex-Staatsanwältin deckt Skandal auf und verklagt Regierung
Brorhilker betont, dass das Nichthandeln der Behörden das Vertrauen in den Rechtsstaat untergrabe. Sie vermutet, dass der Einfluss der Finanzlobby, insbesondere der Banken, an dieser Stelle unübersehbar ist. Diese gut vernetzte Branche habe ein großes Interesse daran, effektive Kontrollen und Strafverfolgung zu verhindern, und komme damit durch. Versuche, diesen Einfluss aufzuklären, blockierten die Behörden oft. Sie verweigern beispielsweise jegliche Auskunft zu den fraglichen Schreiben des Bundesfinanzministeriums zum Thema Cum-Cum. Finanzwende hat inzwischen vier Klagen gegen das Bundesfinanzministerium sowie die Finanzministerien von Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen eingereicht. Zusätzlich suchen die Aktivisten die Öffentlichkeit, um politischen Druck zu erzeugen, damit milliardenschwere Steuerhinterziehung endlich ernsthaft bekämpft wird.
Andere Länder zeigen, dass es möglich ist, wenn der politische Wille vorhanden ist. In Dänemark verfolgt die Regierung Cum-Ex-Täter auch im Ausland. Frankreich hat eine eigene Staatsanwaltschaft für solche Taten gegründet. Deutschland hingegen werde von den Tätern in den Investmentbanken ausgelacht, da hier praktisch keine Kontrollmechanismen existieren.
Hintergrund der Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte
Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte sind verbreitete Wertpapiergeschäfte, bei denen Aktien rund um den Dividendenstichtag über Landesgrenzen hin- und hergeschoben werden. Ziel ist es, die Steuer auf die Dividenden mehrfach erstatten zu lassen, obwohl sie nur einmal gezahlt wurde. Unter Brorhilkers Führung erstritt die Staatsanwaltschaft Köln zahlreiche rechtskräftige Urteile gegen Cum-Ex-Betrüger und holte dabei viele Millionen Euro für Deutschlands Steuerzahler zurück. Im April bat sie um ihre Entlassung aus dem Staatsdienst und gab kurz darauf ihren Wechsel zur Finanzwende bekannt. Diese Nichtregierungsorganisation versteht sich als Gegengewicht zur Lobby der Finanzbranche.
Ex-Staatsanwältin im Kampf gegen Milliardenbetrug: Anne Brorhilker erhebt schwere Vorwürfe
Die ehemalige Staatsanwältin Anne Brorhilker kämpft nun als Aktivistin gegen die milliardenschweren Steuerbetrügereien, die sie während ihrer Amtszeit nicht politisch bekämpfen konnte. Zusammen mit Finanzwende setzt sie sich für eine strengere Kontrolle und Verfolgung von Finanzverbrechen ein. Durch ihre Klagen und den Gang an die Öffentlichkeit hoffen sie, den politischen Druck zu erhöhen und eine ernsthafte Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu erreichen.
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