Bundeswehr kauft neue Pistole billig im Ausland – während Berlin Standortpatriotismus fordert

Die neue Pistole der Bundeswehr steht für einen politischen Widerspruch mit erheblicher Signalwirkung. Der aktuelle Rüstungsauftrag fließt ins Ausland, obwohl deutsche Politiker von Unternehmern mehr Standortpatriotismus fordern und eine strategisch ausgerichtete Beschaffungspolitik ankündigen. Der Staat entscheidet sich bewusst für den günstigeren Anbieter außerhalb Deutschlands, während er von Unternehmen mehr Loyalität zum Standort verlangt. Genau dieses Vorgehen steht im Zentrum der Kritik, weil Worte und Handeln der Politik auseinanderdriften.


Pistole als Symbol politischer Doppelmoral

Die neue Pistole ersetzt die bisherige Dienstwaffe P8 und markiert eine klare Zäsur. Künftig nutzt die Truppe die P13, eine speziell konfigurierte Variante der P-10 C OR des tschechischen Herstellers Česká zbrojovka. Die komplette Fertigung erfolgt im tschechischen Uherský Brod. Deutschland ist an der Produktion nicht beteiligt und übernimmt lediglich Integration sowie logistische Einbindung.

Billige Pistolen für die Bundeswehr aus dem Ausland – doch von Firmen verlangt die Politik Standorttreue. Ein Widerspruch mit Sprengkraft
Billige Pistolen für die Bundeswehr aus dem Ausland – doch von Firmen verlangt die Politik Standorttreue. Ein Widerspruch mit Sprengkraft

Damit verabschiedet sich die Bundeswehr erstmals seit Jahrzehnten von einer deutschen Standardpistole. Die Beschaffungspolitik setzt ein klares Zeichen, denn nationale Herkunft spielte bei der Vergabe keine Rolle. Ausschlaggebend waren wirtschaftliche Kriterien, obwohl es leistungsfähige deutsche Anbieter gab.

Preislogik bestimmt die Beschaffungspolitik

Begleitet wurde das Vergabeverfahren von Fachleuten aus dem militärischen Beschaffungsumfeld. Dazu zählen ein langjähriger Analyst des deutschen Rüstungsmarktes sowie ein ehemaliger Berater für staatliche Vergabeverfahren. Beide befassen sich regelmäßig mit Ausschreibungen der Bundeswehr und bewerten deren Struktur und Prioritäten.

Nach übereinstimmender Einschätzung stand der Preis im Zentrum der Entscheidung. Technische Anforderungen erfüllte die neue Dienstwaffe ohne Einschränkungen, doch industriepolitische Erwägungen blieben nachrangig. Die Beschaffungspolitik folgte damit strikt der Kostenlogik und verzichtete bewusst auf eine stärkere Stützung nationaler Wertschöpfung.

Rüstungsauftrag mit politischer Sprengkraft

Der Rüstungsauftrag umfasst bis zu 203.000 Pistolen mit einem Gesamtvolumen von bis zu 56 Millionen Euro. Zunächst werden rund 65.000 Waffen beschafft. Für die Bundeswehr bedeutet das eine moderne und einheitliche Ausstattung, während der industrielle Nutzen für Deutschland begrenzt bleibt.

Die neue Pistole wird zwar durch ein deutsches Unternehmen integriert, doch die eigentliche Wertschöpfung findet vollständig im Ausland statt. Diese Konstellation verdeutlicht, dass staatliches Sparen Vorrang vor langfristigen industriepolitischen Zielen erhielt.

Standortpatriotismus als politische Forderung

Besonders widersprüchlich wirkt diese Entscheidung vor dem Hintergrund öffentlicher Appelle. Lars Klingbeil forderte im Oktober 2025 auf einem Gewerkschaftskongress der IG BCE mehr Standortpatriotismus. Unternehmensführungen sollten sich stärker für den Standort Deutschland einsetzen und Verantwortung für industrielle Substanz übernehmen.

Gleichzeitig zeigt der staatliche Rüstungsauftrag, dass der Staat selbst diese Forderung nicht konsequent vorlebt. Während Unternehmen zu Standorttreue angehalten werden, entscheidet der Bund nach reiner Kostenlogik und kauft im Ausland ein.


Folgen für Glaubwürdigkeit und Vertrauen

Die neue Pistole wird damit zu einem politischen Symbol. Sie steht nicht nur für eine technische Modernisierung, sondern auch für eine sichtbare Diskrepanz zwischen Anspruch und Praxis. Standortpatriotismus verliert an Überzeugungskraft, wenn er nicht durch eine konsistente Beschaffungspolitik gestützt wird.

Für die Bundeswehr mag die Entscheidung funktional sinnvoll sein, doch politisch sendet sie ein ambivalentes Signal. In der Industrie wird genau beobachtet, wie der Staat handelt. Investitionsentscheidungen orientieren sich an realem Verhalten und nicht an politischen Appellen.

Grundsatzfrage staatlicher Verantwortung

Der Fall verdeutlicht ein strukturelles Problem staatlichen Handelns. Der Staat ist Regelsetzer und zugleich einer der größten Auftraggeber. Wer Standorttreue fordert, muss sie selbst praktizieren, sonst bleibt der Appell wirkungslos.

Die Pistole aus Tschechien erfüllt alle militärischen Anforderungen, doch sie macht einen Zielkonflikt sichtbar. Zwischen Sparzwang und Industriepolitik fehlt eine klare Linie. Dieser Bruch prägt die Debatte und untergräbt langfristig Vertrauen in politische Strategien. (KOB)

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