Der Autozulieferer Bosch hat angekündigt, den Stellenabbau in den kommenden Jahren stärker auszuweiten als bisher bekannt. Bis zu 5500 Arbeitsplätze sollen zusätzlich gestrichen werden. Besonders betroffen sind Standorte in Deutschland, wo über 3800 der geplanten Stellenkürzungen anfallen. Dies entspricht mehr als zwei Drittel des zusätzlichen Abbaus. Der Betriebsrat zeigt sich entsetzt und kündigt Widerstand gegen die Pläne an (ntv: 22.11.24).
Fokus auf Zuliefersparte und Standorte in Deutschland
Der erweiterte Stellenabbau betrifft vor allem den Geschäftsbereich Cross-Domain Computing Solutions, der sich auf Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren spezialisiert hat. Bis Ende 2027 sollen in diesem Bereich weltweit 3500 Arbeitsplätze wegfallen, davon etwa 1750 in Deutschland. Standorte wie Leonberg, Abstatt, Renningen und Schwieberdingen in Baden-Württemberg sowie Hildesheim in Niedersachsen sind besonders betroffen.
Im Werk Hildesheim, das Produkte für die Elektromobilität herstellt, plant Bosch, bis 2032 insgesamt 750 Stellen abzubauen. Davon sollen 600 Arbeitsplätze bereits bis Ende 2026 entfallen. Auch in Schwäbisch Gmünd, wo Lenksysteme für Fahrzeuge produziert werden, ist ein erheblicher Stellenabbau vorgesehen. Dort könnten von 2027 bis 2030 bis zu 1300 Stellen wegfallen, was mehr als ein Drittel der Belegschaft ausmacht.
Ursachen für die Kürzungen
Bosch führt die erweiterten Stellenstreichungen auf die schwierige Lage in der Automobilbranche zurück. Laut dem Unternehmen stagniert die weltweite Fahrzeugproduktion bei rund 93 Millionen Einheiten und könnte sogar leicht zurückgehen. Für 2024 rechnet Bosch bestenfalls mit einer minimalen Erholung. Zudem hätten sich die Überkapazitäten in der Branche verschärft, während gleichzeitig der Druck durch Wettbewerb und sinkende Preise zunimmt.
Ein weiterer Faktor ist die geringere Nachfrage nach Zukunftstechnologien. Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren entwickeln sich nicht wie erwartet. Viele Hersteller hätten entsprechende Projekte auf Eis gelegt oder ganz eingestellt. Dies führt insbesondere in Hildesheim zu Überkapazitäten, da dort E-Auto-Komponenten produziert werden, deren Abrufzahlen stark gesunken sind.
Scharfe Kritik von Arbeitnehmervertretern
Die Pläne des Unternehmens stoßen auf massiven Widerstand von Seiten der Arbeitnehmervertretung. Frank Sell, Betriebsratschef der Zuliefersparte, bezeichnete die Ankündigung als „Schlag ins Gesicht“ für die Beschäftigten. Bereits im Mai hatte Bosch in mehreren Geschäftsbereichen den Abbau von 2200 Stellen vereinbart. Der nun geplante zusätzliche Stellenabbau innerhalb so kurzer Zeit lasse das Vertrauen der Mitarbeiter in die Unternehmensführung schwinden.
Sell kritisierte außerdem, dass Bosch in den vergangenen Monaten einseitig die Arbeitszeit vieler Beschäftigter reduziert und deren Gehalt entsprechend gekürzt habe. Dies habe den sozialen Frieden im Unternehmen gefährdet. „Wir werden unseren Widerstand auf allen Ebenen organisieren“, erklärte Sell. Der Betriebsrat fordert eine stärkere Einbindung der Arbeitnehmer in die Verhandlungen und sozialverträgliche Lösungen, um die Belastung für die Belegschaft abzumildern.
Ausblick auf die gesamte Branche
Die schwierige Situation bei Bosch steht exemplarisch für die Probleme der Automobilindustrie insgesamt. Die Nachfrage nach E-Autos bleibt hinter den Erwartungen zurück, während hohe Produktionskosten und schwache Konjunktur die Branche belasten. Auch andere Unternehmen wie Ford, Volkswagen, Mercedes sowie Zulieferer wie Continental, ZF und Schaeffler haben umfangreiche Stellenstreichungen angekündigt.
Im Frühjahr hatten bundesweit Tausende Bosch-Beschäftigte gegen die Abbaupläne protestiert. Vor der Konzernzentrale in Stuttgart versammelten sich mehr als 10.000 Mitarbeiter, um gegen die Kürzungen zu demonstrieren. Mit weiteren Protestaktionen ist angesichts der neuen Pläne zu rechnen. Auch die Gewerkschaft IG Metall hat bereits angekündigt, mit Warnstreiks und weiteren Maßnahmen gegen die Stellenstreichungen bei Bosch und anderen Unternehmen vorzugehen. Der Konflikt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern dürfte sich in den kommenden Monaten weiter verschärfen.
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