Die De-Industrialisierung in Deutschland stellt eine ernste Herausforderung dar. Experten warnen vor einem harten Einschnitt: Der Fachkräftemangel bleibt bestehen, während Massenentlassungen wahrscheinlicher erscheinen. In vielen Sektoren fehlt es an qualifiziertem Personal. Dennoch ist mit einer Zunahme von Entlassungen zu rechnen. Ein politischer Plan für den Strukturwandel wird dringend benötigt, wie eine neue Untersuchung empfiehlt (focus: 21.03.24).
Warnsignale der Bonner Wirtschafts-Akademie
Die Bonner Wirtschafts-Akademie (BWA) lässt aufhorchen. Ihre Prognose besagt, dass Industrieunternehmen vermehrt zu Massenentlassungen greifen könnten. Ursache hierfür ist der Rückgang der industriellen Produktion in Deutschland und der zunehmende Druck durch internationale Konkurrenz sowie steigende Kosten.
Harald Müller, Geschäftsführer der BWA, teilt mit, Unternehmen passten ihre Personalstrategien an. Jedoch seien viele Personalabteilungen schlecht darauf vorbereitet.
Besondere Betroffenheit in Schlüsselbranchen
Die Auto- und Chemiebranche spüren die Veränderungen besonders stark. Müller hebt hervor, die Automobilindustrie durchlebe einen radikalen Umbruch hin zur Elektromobilität. „Diese Fachleute werden nicht etwa umgeschult, sondern zuhauf auf den Arbeitsmarkt entlassen“, konstatiert er. In der Chemiebranche sieht es ähnlich aus. Dort führt die Unsicherheit bezüglich langfristig erschwinglicher Energie zu einer Verlagerung von Neuinvestitionen ins Ausland. Digitalisierung und künstliche Intelligenz fördern den Abbau von Arbeitsplätzen, eine Entwicklung, deren Tragweite oft unterschätzt wird.
Neue Strategien gefordert
Angesichts dieser Herausforderungen rät die BWA zu einer proaktiven Anpassung der Unternehmen. Eine „Rescaling-Strategie“ sollte entwickelt werden. Diese Strategie erfordert eine gründliche Analyse der Belegschaft und der daraus resultierenden Bedürfnisse für Weiterbildung. Die Einflüsse der künstlichen Intelligenz auf die gesamte Unternehmensstruktur müssen dabei in Betracht gezogen werden.
Aufruf an die Politik
Müller wendet sich mit einem Appell an die politischen Entscheidungsträger. Ein umfassender wirtschafts- und sozialpolitischer Plan für den Strukturwandel sei essentiell. Er macht deutlich: „Die Politik muss erkennen, dass sich Fachkräftemangel und Massenentlassungen nicht ausgleichen, sondern beides eigenständige Problemfelder darstellen.“ Nur mit einer starken Wirtschaft könne der deutsche Sozialstaat bestehen bleiben. Die aktuelle Situation erfordert entschlossenes Handeln, um die Wirtschaftsstruktur Deutschlands zukunftsfähig zu gestalten.
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