Biomasse und Holzenergie – die Zukunft der Energieproduktion in Deutschland?

Die Verwendung von Biomasse und Holzenergie findet immer mehr Zuspruch. Nach dem Anstieg des Gaspreises im Frühjahr 2022 stieg die Nachfrage nach Holz und Holzpellets. Doch trotz steigender Preise wurde Holz als Energieträger immer beliebter. Die Nutzung dieses biologischen Brennstoffs hat jedoch auch Vorteile für die Industrie, die kaum bekannt sind. Könnte darin die Zukunft der Energiewende liegen? (berliner-zeitung: 28.01.23)


IEA setzt auf Holzenergie zur Verringerung der Abhängigkeit von russischem Gas

Die Internationale Energieagentur (IEA) erwähnte jüngst die Nutzung von nachhaltiger Holzenergie in ihrem Zehn-Punkte-Plan zur Verringerung der europäischen Abhängigkeit von russischem Erdgas. Holzenergie soll einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele in Europa und Deutschland leisten. Obwohl die Preise für Holzpellets aus der Industrie momentan hoch sind, sind die technische Verfügbarkeit und Umweltfreundlichkeit dennoch attraktiv.

Biomasse ist ein wichtiger Faktor bei der Gewinnung von Wärme. Holzenergie aus Sägenebenprodukten und Industrieholz trägt heute zwei Drittel des Anteils der erneuerbaren Energien an der Wärmeerzeugung bei und macht über zehn Prozent der gesamten produzierten Wärme aus. Insbesondere bei der Fernwärme ist Holzenergie ein wichtiger Energieträger.

Nachhaltige Holzenergie: Bundesregierung setzt auf Biomasse-Strategie, um Abhängigkeit von russischen Energieträgern zu reduzieren
Nachhaltige Holzenergie: Bundesregierung setzt auf Biomasse-Strategie, um Abhängigkeit von russischen Energieträgern zu reduzieren

Nachhaltige Holzenergie: Bundesregierung setzt auf Biomasse-Strategie

In Berlin betreiben Stromanbieter wie Vattenfall und RWE Biomasseheizkraftwerke. Hier werden beispielsweise Restholz oder geschredderte Weihnachtsbäume verbrannt, um Energie zu gewinnen. Obwohl der Einsatz von Holzenergie in Deutschland bisher eher beschränkt ist, hat die Politik das große Potenzial dieses biologischen Brennstoffs erkannt. Die Bundesregierung hat eine „Nationale Biomasse-Strategie“ (Nabis) eingeführt, um das Zukunftspotenzial der nachhaltigen Holzenergie zu fördern. Mit der Nabis-Strategie soll unter anderem ermittelt werden, wie viel nachhaltig produzierte Biomasse in Deutschland zur Verfügung steht, um als Energieträger verarbeitet zu werden. Das Forum „Nachhaltige Holzenergie“, dessen Geschäftsführer Dr. Frank Schauff ist, vertritt die Interessen von Energie-, Forstwirtschafts- und Pelletunternehmen in Deutschland.


Nationale Biomasse-Strategie – die Zukunft der Energieproduktion in Deutschland

Holzenergie hat ein vielversprechendes Potenzial für die Dekarbonisierung von Energieproduktion und kann zu einer signifikanten Reduktion der CO₂-Emissionen beitragen. In anderen Ländern, wie den Niederlanden, werden bereits Holzpellets erfolgreich zur Stromerzeugung genutzt. In Deutschland könnte man ebenfalls Steinkohlekraftwerke auf holzbasierte Biomasse umstellen und so emissionsarme Energie produzieren. Laut Schätzungen des Forums „Nachhaltige Holzenergie“ könnte dies bis zu 4 Gigawatt Strom jährlich bereitstellen. Die nationale Biomasse-Strategie (Nabis) der Bundesregierung soll das Zukunftspotential der Holzenergie fördern, indem sie die Möglichkeiten für die Verwendung nachhaltiger Holzenergie in Deutschland ermittelt.

Die Umrüstung eines Kohlekraftwerks auf Biomasse, insbesondere Holzpellets, ist kosteneffektiv, mit einem Schätzwert von 300 Euro pro Kilowatt, unabhängig vom Alter des Kraftwerks. Die Kosten können je nach Standort variieren und manche Umbaustandorte können unwirtschaftlich sein. Holzenergie kann eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der Industrie, vornehmlich Kalk-, Zement-, Stahl- und Chemieindustrie, spielen, indem sie industrielle Prozesswärme liefert und somit die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern reduziert. Für den Mittel- und Hochtemperaturbereich gibt es derzeit und in naher Zukunft keine Alternativen zur Biomasse, sagte Dr. Frank Schauff.

Biomasse als Antwort auf Defossilisierung

Ein Experte des Beratungsunternehmens Aurora Energy Research, Hans Koenig, sagte, dass E-Kerosin für die Luftfahrt und Bio-Methanol-Kraftstoffe für die Schifffahrt die Defossilisierung der Lieferketten in den Bereichen Flugverkehr und Schifffahrt voranbringen werden. Diese Bereiche können nicht oder nur schwer elektrifiziert werden und benötigen daher Brennstoffe, die aus erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie sowie Biomasse hergestellt werden können.

Biomasse, insbesondere Holzenergie, bietet eine große Verfügbarkeit und regionale Wertschöpfung. Laut Schätzungen stehen zwischen 22 und 30 Millionen Tonnen Holz jährlich für den energetischen Verbrauch bereit. Eine Studie legt nahe, dass sogar unter Berücksichtigung von Biodiversitätsschutzmaßnahmen und Naturschutzleistungen fast ein Drittel mehr Holz aus Deutschland genutzt werden könnte. Die Diskussion um die Regulierung hält die volle Nutzung des Potenzials jedoch zurück. Biomasse hat zwar eine bessere Treibhausgasbilanz als fossile Energie, kann aber auf lange Sicht die Landnutzung verändern. Außerdem sollte man bei der Strategie auch bedenken, dass Holz viel langsamer nachwächst als es verbrennt.


„Carbon Capture and Storage“ als weitere Maßnahme

Der Leiter des Hauptstadtbüros des Bundesverbands der Deutschen Kalkindustrie, Philip Nuyken, zeigte im Gespräch mit der Berliner Zeitung Potenziale der Biomassenutzung in seiner Branche auf. Die Kalkindustrie ist eine CO₂-intensive Grundstoffindustrie, deren Produkte für die Herstellung von Glas, Stahl oder pharmazeutischen Produkten essenziell sind. „Biomasse in Form von Resthölzern kann uns die industrielle Prozesswärme liefern, die für unsere Hochtemperaturprozesse vonnöten ist.“ Die Elektrifizierung sei dabei bisher keine technisch machbare Option. Aktuell würden noch vornehmlich fossile Energieträger eingesetzt, sagt Nuyken.

Darüber hinaus hält Nuyken „Carbon Capture and Storage“ (CCS), also das Abscheiden und Speichern von Kohlenstoffdioxid unter der Erde, für die Produktionsprozesse für notwendig. Das CCS-Verfahren gilt als entscheidende Technologie, um die Netto-CO₂ -Emissionen schnell zu senken. Dies ist in Deutschland allerdings rechtlich noch nicht möglich. „Die Kalk-, Zement- und Abfallwirtschaft ist aber auf jeden Fall darauf angewiesen“, sagte Nuyken der Berliner Zeitung. Er rechne mit einer Klärung der Transport- und Exportfragen noch in dieser Legislaturperiode. Denn die Ampel-Regierung und Wirtschaftsminister Robert Habeck zeigen sich inzwischen offen für die CO₂-Technologie, die von den Grünen lange Zeit vehement abgelehnt wurde. Philip Nuyken ist überzeugt: Das wäre ein wichtiges Zeichen für ganzheitlichen Klimaschutz und den Wirtschaftsstandort Deutschland.

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