Das Umweltministerium gibt synthetische Kraftstoffe für Kommunalfahrzeuge frei, da sonst die Vorgaben der „Clean Vehicles Directive“ nicht einzuhalten sind. Am 15. Juni 2021 ist das „Gesetz über die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge“ in Kraft getreten.
Dieses Gesetz setzt die „Clean Vehicles Directive“ der EU in deutsches Recht um. Das Gesetz definiert Minimalziele für den CO2-Ausstoß neu zu beschaffender Nutzfahrzeuge im Betrieb des öffentlichen Dienstes, die ab dem 2. Oktober 2021 eingehalten werden müssen. Damit ist der Betrieb kommunaler Fahrzeuge jetzt auch mit Biodiesel möglich.
WerbungBisherige Zielvorgaben mit Elektrofahrzeugen nicht erreichbar
Bisher galt, dass sich diese Ziele nur mit dem Einsatz von elektrisch betriebenen Fahrzeugen erreichen lassen. Den Betrieb von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die Biodiesel verbrauchen und damit 92 Prozent weniger CO2 freisetzen, wollte das Bundesumweltministerium bisher nicht genehmigen. Es verwies hier auf eine Regelung in der Bundesimmissionsschutzverordnung, nach der Tankstellen Bio- und synthetische Kraftstoffe nur als Beimischung, nicht aber rein verkaufen dürfen.
Biodiesel nur für Kommunen frei gegeben – für Privatunternehmen bleibt der alternative Kraftstoff verboten
Nur mit Elektrofahrzeugen werden sich die Vorgaben der „Clean Vehicles Directive“ kaum umsetzen lassen. Schließlich hat das Ministerium den Kommunen per Brief vom 19. Juli doch noch gestattet, diese nahezu CO2-neutrale Kraftstoffe „betriebsintern“ einzusetzen, wie es im neuen Gesetz auch vorgesehen ist. Allerdings gilt dies nur für Fahrzeuge im staatlichen Besitz. Für Fahrzeuge in privaten Unternehmen bleibt es bei dem Verbot der Öko-Kraftstoffe. Damit dürfen auch private Busunternehmen, die im Auftrag der Kommunen Linienbusse betreiben, diesen Kraftstoff nicht einsetzen und müssen weiterhin auf Elektrofahrzeuge umstellen.
Elektrobusse brennen, erreichen bei Kälte die Reichweite nicht und belieben in Steigungen stehen
Hintergrund für die Freigabe des Biokraftstoffs sind auch massive technische Probleme, die im praktischen Einsatz der Elektrofahrzeuge immer wieder auftreten. So kam es in diesem Jahr gleich zu mehreren Bränden in Busdepots, in denen Elektrobusse aufgeladen wurden – in Düsseldorf, Hannover und Stuttgart. Bei zumindest einem der Feuer war ein E-Bus die Brandursache. In allen Fällen haben in Brand geratene Akkus mit ihrer starken Hitzeentwicklung und ihrem großen Löschwasserbedarf die Bekämpfung der Feuer erheblich erschwert, so dass es zur schweren Schäden kam. Als Reaktion haben die Münchner Verkehrsbetriebe ihre E-Busse zunächst außer Betrieb gesetzt.
Auch ohne derartig extreme Zwischenfälle erweist sich der Elektroantrieb häufig als noch nicht voll ausgereift. In Offenbach konnten E-Busse kleine Steigungen offenbar nicht bewältigen und blieben dort liegen. In Berlin musste man feststellen, dass mehrere der dort eingesetzten Elektrobusse bei zweistelligen Minustemperaturen die erforderliche Reichweite von 130 Kilometern nicht erreichen konnten. Der Hersteller hat nun die Steuersoftware der Fahrzeuge umprogrammiert. Jetzt erhalten die Motoren mehr Strom – die Heizungen aber entsprechend weniger. Für die Fahrgäste im Winter eine Zumutung.
WerbungEigeninitiative der Kommunen wird bestraft
Kommunen, die nicht auf Brüsseler Vorgaben und Berliner Umsetzungen warten wollten und stattdessen selbst die Initiative ergriffen hatten, droht jetzt eine Bestrafung. Beispielsweise hatten die Wuppertaler Stadtwerke zehn Wasserstoffbusse samt Tankstelle angeschafft. Den erforderlichen Wasserstoff gewinnt man in der stadteigenen Müllverbrennungsanlage, die aber Kohlendioxid ausstößt. Dies verletzt nun aber vielleicht das geänderte Immissionsschutzgesetz. Ähnliches gilt für die Hälfte der Berliner Müllwagen. Die werden mit städtisch erzeugtem Biogas betrieben und sparen pro Jahr 2,5 Millionen Liter Diesel ein. Ein Konzept, das im neuen Gesetz nicht vorgesehen ist.
Kommune haben erhebliche Mehrkosten durch Elektrifizierung der Fahrzeugflotte
Bei den Kosten besteht zwischen der öffentlichen Planung und den Schätzungen der Berliner Verkehrsbetriebe inzwischen eine erhebliche Lücke, die wohl die Kunden werden schließen müssen. Ein E-Bus kostet mit 500.000 Euro doppelt so viel wie ein herkömmlicher Bus mit Dieselmotor, hat aber nur die halbe Reichweite. Deshalb muss man mehr Bussen zur Verfügung stellen, damit man im Linienbetrieb eine Pause zum Laden einlegen kann, um dies wieder auszugleichen. Dies zieht wiederum erhebliche Mehrkosten, für die sowieso schon deutlich teureren Busse, nach sich. Mit der Umstellung auf Elektrobusse musste Berlin vier neue Betriebshöfe bauen und 800 neue Mitarbeiter einstellen. Weitere sechs Höfe muss man für die Elektrobusse umbauen und an den Endstationen der Linien benötigt man für den Betrieb auch noch teure Ladestationen. Der Senat geht von zwei Milliarden Euro Kosten aus, die BVG von drei Milliarden. Trotz der hohen Ausgaben gibt es keine einzige Busverbindung mehr als zuvor.
WerbungKommunen könne durch Umstellung viel Geld sparen
Nun, da das Bundesumweltministerium den Kommunen den Betrieb ihrer Fahrzeuge mit Biodiesel genehmigt hat, können die Städte nicht nur bei Neuanschaffungen auf konventionelle Dieselfahrzeuge setzen, sondern sie können auch ihre bestehenden Flotten mit dem neuen Treibstoff betanken und sofort 90 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Denn jeder normale Dieselmotor läuft auch, ohne weitere technische Maßnahme, mit Biodiesel.
Hersteller von Biodiesel begrüßen Umdenken der Politik
Verfügbar ist der Treibstoff auch. Das finnische Unternehmen Neste bietet einen fast CO2-freien Diesel an, der aus pflanzlichen Abfällen gewonnen wird. Entsprechend begrüßt Carl Nyberg, Executve Vice President Renewable Road Transport von Neste, das Umdenken des Ministeriums.
Attraktiv, besonders auch für Kommunalbetriebe, könnte eine neuartige Produktionsanlage für Biokraftstoffe sein, die gerade von einer Ausgründung der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaft entwickelt wird. Diese soll Anfang kommenden Jahres den Probebetrieb aufnehmen. Die Anlage sei modular und in Container-Größe aufstellbar und könne dezentral betrieben werden, erklärt der Projektleiter, Prof. Dr. Thomas Willner.
Berlin und Brüssel setzen nach wie vor auf Elektroantrieb
Angesichts dieser Entwicklungen, mit denen ein schnelleres Erreichen der Klimaziele bereits mit vorhandenen Fahrzeugen möglich wäre, ist das bisherige Bremsen der Verantwortlichen im Umweltministerium umso unverständlicher. Doch Berlin und Brüssel setzen exklusiv auf den Elektroantrieb. Biodiesel wird auch in naher Zukunft für die Nutzung in privaten PKWs nicht zugelassen.