Auftragsflut in Brandenburg stockt – schwaches Stromnetz bremst Boom der Rechenzentren aus

Brandenburg erlebt einen digitalen Aufschwung. Internationale Tech-Konzerne reißen sich um Standorte für neue Rechenzentren. Doch trotz hoher Nachfrage und verfügbarer Flächen kommt der Ausbau nur schleppend voran. Grund dafür ist ein Stromnetz, das mit der Entwicklung nicht Schritt hält (rbb24: 17.05.25).


Energiehungrige Serverparks treffen auf alte Netze

In Ludwigsfelde betreibt Vantage Data Centers vier große Rechenzentren. Die Anlagen verstecken sich hinter Sicherheitsschleusen und massiven Türen, in denen Server unermüdlich Daten verarbeiten. „Das ist nur eine von vier Datenhallen in dem Gebäude. Da sind nicht nur Daten gespeichert, sondern da laufen auch Rechenprozesse und solche Dinge ab“, erklärt Andreas Graf-Matzner. Lüftungsanlagen arbeiten unter Hochdruck, um die Hitze der leistungsstarken Technik zu bändigen.

Brandenburgs Rechenzentren boomen, doch das Stromnetz bremst den Ausbau – viele Projekte scheitern an fehlender Netzkapazität
Brandenburgs Rechenzentren boomen, doch das Stromnetz bremst den Ausbau – viele Projekte scheitern an fehlender Netzkapazität

Vantage liefert Gebäude, Stromversorgung, Sicherheit und Kühlung. Die Kunden – darunter Amazon, Google und Microsoft – bringen ihre eigenen Server mit. Der Bedarf ist riesig, denn Anwendungen wie Cloud-Dienste, Videokonferenzen oder Streaming basieren auf exakt diesen Infrastrukturen. Die Rechenzentren laufen rund um die Uhr und verbrauchen dabei gewaltige Mengen Strom.

Rechenzentren in Brandenburg übersteigen Stromkapazitäten

Allein der Standort in Ludwigsfelde benötigt 84 Megawatt Anschlussleistung. Das entspricht dem Strombedarf einer ganzen Großstadt wie Cottbus. Laut Graf-Matzner fehlen weder Kapital noch Kunden – sondern schlicht die Netzanbindung.

Edis, der zuständige regionale Netzbetreiber, sieht sich mit einer beispiellosen Auftragsflut konfrontiert. Zwei Standorte mit zusammen knapp 100 Megawatt hängen bereits am Netz. Doch das reicht bei weitem nicht. Im Jahr 2024 meldeten sich allein 60 weitere Rechenzentrumsprojekte mit einem Gesamtbedarf von rund 9.000 Megawatt an. Die maximale Jahreshöchstlast des gesamten Edis-Netzes liegt aktuell bei etwa 2.400 Megawatt – ein Vielfaches weniger.

Jahre bis zur Realisierung neuer Kapazitäten

Diese Diskrepanz zeigt die strukturellen Defizite deutlich. Neue Rechenzentren lassen sich nicht einfach anschließen. Ohne großflächigen Netzausbau bleiben die Projekte blockiert. Edis bestätigt den Start des Ausbaus, doch dieser erfordert Zeit und umfangreiche Planungen.

Bei Großprojekten ab 100 Megawatt kommt der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz ins Spiel. Dort liegen derzeit sechs Anfragen aus Brandenburg vor – unter anderem für Anwendungen rund um künstliche Intelligenz. Trotz hoher Attraktivität der Region sieht Volker Gustedt von 50Hertz die Lage kritisch. Zwar bietet Brandenburg viel Wind- und Solarstrom, doch auch andere Verbraucher wie E-Mobilität und Wärmesysteme belasten die Netze zunehmend.


Konkurrenz um knappe Netzressourcen

Noch hängt kein einziges der beantragten Großzentren am Netz von 50Hertz. Nicht jede Projektidee sei ausgereift genug. Doch selbst bei soliden Konzepten fehlt die technische Infrastruktur. In der Region Berlin-Brandenburg treffen hohe Ambitionen auf physikalische Grenzen.

Trotzdem entstehen neue Rechenzentren – etwa in Neuenhagen, Genshagen oder Wustermark. Auch Vantage Data Centers bereitet die nächste Expansionsphase vor. Die Nachbargrundstücke in Ludwigsfelde sind bereits gesichert. „Gedanklich sind wir schon weiter“, merkt Graf-Matzner an.

Politischer Wille reicht nicht aus

Die Bundesregierung setzt auf Rechenzentren – vor allem in Ostdeutschland. Der Koalitionsvertrag enthält ein klares Bekenntnis zum digitalen Infrastrukturausbau. Doch die Realität zeigt: Der politische Wille allein schafft keine Netzkapazitäten. Der Strom steht bereit – aber die Leitungen fehlen.

Brandenburg könnte zur digitalen Schlüsselregion werden. Doch ohne stabile Stromnetze bleibt der Boom eine Verheißung. Die Auftragsflut wächst – doch das Rückgrat der Infrastruktur hält dem Druck nicht stand.

Lesen Sie auch:

Nach oben scrollen