Die Chemieindustrie probt den Aufstand gegen die europäische Klimapolitik. In einer Umfrage fordern führende Unternehmen, die kostenlose Vergabe von CO₂-Zertifikaten fortzuführen. Damit rückt eine der wichtigsten Branchen in direkten Konflikt mit dem Emissionshandel, dem zentralen Instrument europäischer Klimapolitik (faz: 23.09.25).
Aufstand gegen Brüssel
Der Aufstand entzündet sich an der schrittweisen Abschaffung kostenloser CO₂-Zertifikate. Der Emissionshandel sieht vor, dass Unternehmen ihre Emissionen vollständig bezahlen müssen.

Diese Kosten sollen Anreize für Investitionen in saubere Technologien schaffen. Doch die Chemieindustrie argumentiert, dass steigende Belastungen ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Ohne Schutz vor billigeren Importen aus Regionen mit schwacher Klimapolitik drohe ein massiver Standortnachteil.
Angst vor Carbon Leakage
Die Chemieindustrie verweist auf die Gefahr des sogenannten Carbon Leakage. Gemeint ist die Verlagerung energieintensiver Produktion ins Ausland, wo keine strengen Regeln gelten. Der geplante CO₂-Grenzausgleich soll dieses Problem zwar lösen, greift aber erst ab 2026. Bis dahin fordert die Branche eine Verlängerung kostenloser CO₂-Zertifikate. Für die Unternehmen ist klar: Ohne diese Unterstützung könnten Produktionsstätten geschlossen und Investitionen gestoppt werden.
Politischer Zündstoff
Der Aufstand der Chemieindustrie entwickelt sich zum politischen Zündstoff. Brüssel will den Emissionshandel konsequent verschärfen, um die Ziele der Klimapolitik zu erreichen. Kritiker warnen jedoch: Wenn kostenlose Zuteilungen weiter bestehen, verliert das System seine Glaubwürdigkeit. Der Druck auf Konzerne, in grüne Technologien zu investieren, sinkt erheblich. Für die Chemieindustrie wiederum steht die wirtschaftliche Zukunft in Europa auf dem Spiel.
Schicksalsfrage für Europa
Die Fronten verhärten sich: Auf der einen Seite Brüssel, das den Emissionshandel als Herzstück der Klimapolitik sieht. Auf der anderen Seite die Chemieindustrie, die mit ihrem Aufstand um CO₂-Zertifikate eine Schlüsselrolle einnimmt. Der Streit ist mehr als ein Branchendetail – er ist eine Schicksalsfrage für die europäische Industriepolitik. Ob Klimapolitik und Wettbewerbsfähigkeit in Einklang gebracht werden können, entscheidet sich an diesem Konflikt.
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