Der renommierte Elektronikhändler Gravis steht vor dem Aus. Die Entscheidung von Freenet, dem Eigentümer von Gravis, alle 38 Filialen in Deutschland zu schließen, markiert das Ende einer Ära. Ursachen für diese drastische Maßnahme sind vielfältig. Neben den Herausforderungen der Nach-Corona-Phase zählen dazu der harte Wettbewerb mit Online-Plattformen und fortlaufend hohe Verluste. Gravis selbst teilte mit: „Seit 2022 kämpfen wir mit einem negativen Ergebnis. Die Verluste steigen seitdem mehr oder weniger jedes Quartal.“ Die Schließung von Gravis folgt auf den Rückzug der Conrad-Kette aus dem stationären Handel im Jahr 2022 und entzieht den deutschen Innenstädten einen weiteren wichtigen Elektronikfachhändler (faz: 17.03.24).
Versuch und Scheitern der Neuausrichtung
2023 unternahm Gravis intensive Bemühungen, das Ruder herumzureißen. Das Unternehmen führte Gespräche mit potenziellen Partnern, um die Möglichkeit einer Filialzusammenlegung zu erörtern. Zudem wurde ein innovatives Filialkonzept eingeführt, das eine komplette Umstellung auf bargeldlosen Zahlungsverkehr vorsah. Trotz dieser Versuche blieb eine positive Wende aus.
Die Schließungsdaten der Geschäfte sowie der genaue Zeitpunkt, zu dem bis zu 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Job verlieren werden, stehen aufgrund der unterschiedlichen Laufzeiten der Mietverträge noch nicht fest.
Vom Vorreiter zum Auslaufmodell: Gravis und die harten Lektionen der Apple-Partnerschaft
Freenet übernahm Gravis im Jahr 2013, zu einem Zeitpunkt, als der Händler bereits eine feste Größe im Verkauf und Service von Apple-Produkten in Deutschland war. Gravis galt als eine der ersten Adressen für Apple-Kunden, lange bevor Apple selbst im Dezember 2008 sein erstes eigenes Geschäft in München eröffnete. Auch nach der Übernahme durch Freenet blieb Gravis ein zentraler Reparatur- und Servicepartner von Apple. Doch im Laufe der Zeit traten Schwierigkeiten auf. Gravis sieht sich durch das „restriktive Konditionsmodell“ von Apple in der Möglichkeit eingeschränkt, das Geschäft zukunftsfähig und profitabel zu gestalten. In der Stellungnahme des Unternehmens heißt es: „Das sind unter anderem die Gründe dafür, dass wir schlussendlich nicht mehr wirtschaftlich waren und zu diesem Schluss kommen mussten.“
Ende einer Ära: Gravis-Schließung signalisiert Alarmstufe Rot für den Einzelhandel
Diese Entwicklung wirft ein Schlaglicht auf die zunehmenden Herausforderungen, mit denen stationäre Einzelhändler konfrontiert sind. Die digitale Transformation ändert den Markt grundlegend. Auch das Kaufverhalten der Menschen wandelt sich stark. In dieser neuen Ära stoßen selbst bekannte Marken wie Gravis an ihre Grenzen. Sie finden es schwer, sich anzupassen und zu bestehen. Der Abschied von Gravis bedeutet nicht nur einen Verlust für seine Angestellten. Auch die Kunden und die Vielfalt im stationären Einzelhandel leiden darunter. Dies sollte alle im Handelsbereich alarmieren. Es ist höchste Zeit, neue Wege zu gehen. Die Branche muss Strategien finden, die den heutigen Anforderungen entsprechen. Zugleich müssen diese Strategien dem stationären Handel eine Zukunft geben.
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