Die deutsche Wirtschaft kämpft weiterhin mit einer schwachen Konjunktur, die sich stark auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen erneut gestiegen, obwohl üblicherweise in diesem Monat ein Rückgang zu verzeichnen wäre. Die Ursachen sind vielfältig, doch die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, erklärt: „Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nahmen im Juni saisonbereinigt spürbar zu. Die Unternehmen sind weiter zurückhaltend bei der Suche nach neuem Personal“
Langzeitarbeitslose haben es besonders schwer. Nahles warnt daher vor Kürzungen der Mittel für Jobcenter. Im Rahmen der laufenden Haushaltsberatungen könnten diese um eine Milliarde Euro gekürzt werden. Das wäre kontraproduktiv, da das 2019 eingeführte Teilhabechancengesetz erhebliche Fortschritte bei der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen erzielt hat. „Es lohnt sich, diese Investitionen zu machen“, so Nahles. Im letzten Jahr wurden 650.000 Bürgergeld-Empfänger bei der Arbeitsaufnahme unterstützt. (Welt, 28.06.2024)
Hoffnungsschimmer am Horizont
Trotz der Probleme gibt es auch positive Signale. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, sieht eine leichte Verbesserung der konjunkturellen Frühindikatoren. „Die konjunkturellen Frühindikatoren zeigen, dass die Stimmung sich mit leichten Schwankungen zunehmend aufhellt und die Konjunktur langsam Fahrt aufnimmt“, erläutert sie. Der Fachkräftemangel hat zudem verhindert, dass eine Entlassungswelle die Konjunkturtäler begleitet.
Im Juni stieg die Zahl der Arbeitslosen auf 2,727 Millionen, das sind 4000 mehr als im Vormonat und 172.000 mehr als im Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote blieb bei 5,8 Prozent. Zudem ging die Zahl der offenen Arbeitsstellen weiter zurück. Im Juni meldete die Bundesagentur 701.000 freie Stellen, was 69.000 weniger als im Vorjahr sind.
Die Kurzarbeit zeigt bisher keine signifikante Zunahme. Zwischen dem 1. und 24. Juni meldeten Betriebe Kurzarbeit für 42.000 Personen an, vergleichbar mit dem Vormonat. Ob die Kurzarbeit tatsächlich in Anspruch genommen wird, bleibt abzuwarten. Bis April 2024 wurden für 242.000 Menschen Kurzarbeitergeld gezahlt, nach 223.000 im März.
Ausbildungsmarkt in Bewegung
Erfreulicher gestaltet sich der Ausbildungsmarkt. Die Zahl der Bewerber um Lehrstellen ist mit 383.000 um 9000 höher als im Vorjahr. Dennoch hatten im Juni noch 154.000 junge Menschen weder eine Lehrstelle noch eine Alternative gefunden. Gleichzeitig wurden 480.000 Ausbildungsplätze gemeldet, was 21.000 weniger als im Vorjahr sind.
Die Konjunkturschwäche zeigt sich also nicht nur in der steigenden Arbeitslosigkeit, sondern auch in den gemeldeten offenen Stellen und den Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt. Dennoch gibt es Hoffnung auf eine langsame Erholung, die durch gezielte Investitionen und unterstützende Maßnahmen gefördert werden sollte.
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