Hubert Aiwanger von den Freien Wählern hat bei einer Demonstration in Erding gegen die Politik der Grünen den Ministerpräsidenten der CSU übertroffen. Die Veranstaltung hat eine große Aufmerksamkeit erregt und könnte eine neue Dynamik auslösen. In Bayern dreht sich seit Samstag fast alles um Erding, wo rund 13.000 Menschen zusammengekommen sind. Ihr Antrieb war der Ärger über die Politik der Bundesregierung. Normalerweise brauchen Protestbewegungen einen konkreten Auslöser, und in diesem Fall waren es die Pläne für die Wärmewende aus dem Wirtschafts- und Klimaschutzministerium. Der Ursprung der Bewegung war ein Optiker aus Erding, der alleine in seinem Heimatort, gegen diese Pläne demonstriert hatte (Cicero: 12.06.23).
Aiwanger vs. Söder: Glaubwürdigkeit und der politische Unmut gegen die Grünen
In Erding wurden Aiwanger und Söder unterschiedlich aufgenommen: Söder wurde ausgebuht, während Aiwanger großen Applaus erhielt. Aiwanger sprach wie Monika Gruber und kritisierte die Bundesregierung scharf. Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Politikern liegt jedoch in der Glaubwürdigkeit.
Viele Menschen, die von der Politik der grün dominierten Bundesregierung entsetzt sind, trauen den Politikern der Unionsparteien nicht zu, diese wirksam aufzuhalten. Dies zeigt sich auch in den Umfragen. Die Union profitiert bei weitem nicht so stark von der Unzufriedenheit der Bevölkerung, wie es von der größten Oppositionspartei zu erwarten wäre. Dies gilt insbesondere für die CDU auf Bundesebene. Man kann sich nur schwer vorstellen, wie Friedrich Merz in Erding empfangen worden wäre.
In Bayern ist Söder nicht auf die Grünen angewiesen. Aber viele Menschen vermuten, dass er im Zweifelsfall bereit wäre, in einer Koalition mit den Grünen Zugeständnisse zu machen. Der aktuelle politische Unmut richtet sich gegen die politische Agenda der Grünen, die nicht nur die aktuelle Bundesregierung, sondern auch den gesamten Politik- und Medienbetrieb dominiert. Die Unionsparteien, vorwiegend die CDU, haben jedoch noch nicht überzeugend deutlich gemacht, dass sie eine klare Alternative zu dieser Agenda bieten wollen.
Politische Lehren aus Erding: Unionspolitiker müssen den legitimen Unmut repräsentieren
Söder und andere Unionspolitiker außerhalb Bayerns können aus dem Wochenende in Erding zwei Lehren ziehen. Erstens ist es ihre demokratische Pflicht, diesem legitimen Unmut politische Repräsentanz zu bieten, um zu verhindern, dass sich der Unmut auf radikalere Wege begibt. Zweitens ist es langfristig ihre einzige Überlebensperspektive, sich als politische Gegner der Grünen und ihrer Projekte zu zeigen, anstatt potenzielle Koalitionspartner und Erfüllungsgehilfen zu sein. Parteien und Politiker werden dauerhaft gewählt, wenn sie glaubhaft machen können, dass ihnen sachpolitische Ziele und die Abwehr der Ziele anderer wichtiger sind als die bloße Machtperspektive.
Politiker der Grünen und SPD reagierten hysterisch und warfen Söder und Aiwanger populistische Rhetorik vor. Auf Twitter wurde sogar von einem „rechtsradikalen Mob“ gesprochen. Dadurch versucht man, die Kritik an der grünen Politik moralisch zu diskreditieren. Dies zeigt, wie sehr einige die Verluste der eigenen Meinungshoheit befürchten. Der Polizeichef von Erding lobte jedoch den friedlichen Verlauf der Demonstration und das besonnene Verhalten der Teilnehmer. Berichten zufolge kamen nur etwa zehn Teilnehmer zu einer Anti-Gruber-Demo, da die Grünen anscheinend eine geplante Gegendemonstration abgesagt hatten.
Politische Dynamik erwartet: Proteste in München könnten alles verändern
Die Auswirkungen dieser Populismusvorwürfe dürften im politischen Betrieb selbst größer sein als bei den Menschen, die unmittelbar unter den Folgen politischer Entscheidungen leiden. Wenn es als populistisch gilt, nicht in Armut leben zu wollen, verliert der Vorwurf seine Wirkung. Dies könnte sich bald auf der Theresienwiese in München zeigen. Dort wollen Gruber und ihre Mitstreiter ihre Protestaktion in einer größeren Version abhalten. Der genaue Termin steht noch nicht fest, aber es ist bereits die Rede von 100.000 Teilnehmern. Nach diesem Wochenende erscheint dies nicht mehr unrealistisch. Wenn dies gelingt, könnte es eine politische Dynamik auslösen, die vieles verändert.
Es scheint, dass Robert Habecks Begeisterung für die unbedingte Wärmewende nachgelassen hat, wenn er nun öffentlich seine Vorliebe für Fernwärme zum Ausdruck bringt. Möglicherweise arbeitet sein Ministerium derzeit eifrig an Ausnahmeregelungen im Heizungsgesetz. Vielleicht erinnert ihn und seine Parteifreunde auch jemand daran, was aus der einst so leidenschaftlich geforderten Impfpflicht geworden ist.