Deutschland steht vor einer potenziellen Milliardeninvestition: die Übernahme des Stromnetzes von Tennet, einem niederländischen Netzbetreiber. Die Bundesregierung plant, die deutsche Sparte des Unternehmens zu erwerben, was etwa 14.000 Kilometer Stromleitungen umfasst. Dieser Vorgang könnte bis zu 20 Milliarden Euro kosten (FAZ: 14.01.24).
Milliardendeal: Deutschland erwägt Übernahme von Tennet’s Stromnetz
Seit Herbst 2022 gibt es Gespräche zwischen Tennet und der deutschen Regierung über diesen großen Verkauf. Tennet möchte seine deutschen Aktivitäten abstoßen. Ursprünglich waren diese Leitungen bis 2010 im Besitz von E.on, einem Düsseldorfer Versorger, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet.
Ein Hauptgrund für den Verkauf durch die Niederlande ist die Notwendigkeit, Finanzmittel für die Erweiterung des eigenen überlasteten Stromnetzes zu generieren. Zudem entledigen sich die Niederlande dadurch der Investitionsverpflichtungen in Deutschland. Insider schätzen den Wert dieser Transaktion auf etwa 20 Milliarden Euro.
Das Geschäft hätte bereits im Oktober des letzten Jahres abgeschlossen werden sollen. Laut Reuters wollten drei Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, den Deal schnell durchführen, bevor das niederländische Parlament in die Pause geht. Doch durch die Wahlen in den Niederlanden am 22. November und einen möglichen Regierungswechsel könnten sich die Verhandlungen verzögern.
Milliardenkredit und Verfassungsgerichtsurteil: Warum der Tennet-Deal noch auf der Kippe steht
Bisher kam es jedoch zu keinem Abschluss. Laut FAZ erwägt die Regierung in Den Haag einen 25 Milliarden Euro Kredit, um Investitionen zu sichern. Dieser soll als Überbrückungskredit dienen, „in Erwartung des Ergebnisses der Verhandlungen“, zitiert die FAZ das Finanzministerium. Der Finanzminister Steven van Weyenberg betonte die Dringlichkeit dieser Mittel bis zum Ende des ersten Quartals. Gleichzeitig bereitet man sich auf ein mögliches Scheitern der Gespräche vor.
Deutscherseits verhindert das Urteil des Verfassungsgerichts zum Klimafonds eine schnelle Entscheidung. „Wenn 60 Milliarden Euro fehlen: Hält Berlin dann an dem Kauf noch fest?“, fragt ein Zitat aus niederländischen Regierungskreisen. Das Bundeswirtschaftsministerium bejahte dies, doch das Urteil erschwert die Kaufentscheidung, sagen Insider gegenüber Reuters.
Der Deal ist für beide Länder wichtig. Laut der Wirtschaftswoche von September 2023 wäre der Eigenkapitalanteil des Deals nur ein Fünftel des Unternehmenswerts. Die Finanzierung über die KfW-Bank würde bedeuten, dass die deutsche Schuldenbremse umgangen werden könnte. Tennets deutsche Aktivitäten haben über 21 Milliarden Euro Schulden. Eine Einigung ist jedoch unsicher, sagen Insider.
Für Deutschland ist der deutsche Teil von Tennet entscheidend für die Energiewende. Das Netz muss dringend modernisiert werden, um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Insbesondere die Verbindung der Offshore-Windproduktion im Norden mit den Industriestandorten im Süden ist dafür essentiell.
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